Wo politisches Scheitern in der Luft liegt, da ist auch die Häme nicht weit. So können sich die deutschen Sozialdemokraten dieser Tage schier ausschütten vor lachen. Bei euch, prusten sie Richtung CDU und CSU, geht es ja noch schlimmer zu als bei der hessischen SPD. Und noch ein Schenkelklopfer kursiert in Berlin: Tragisch sei ja nicht, dass Michael Glos (CSU) als Wirtschaftsminister zurücktreten wollte. Viel schlimmer sei doch, dass man ihn zunächst vor lauter Chaos und Planungslosigkeit halten hat müssen. Da ist etwas Wahres dran.

Denn das Netteste, was es über Glos zu sagen gab, war: Er störte nicht. Das reicht aber nicht als Qualifikation für den Posten des Wirtschaftsministers in Europas größter Volkswirtschaft - nicht einmal in wirtschaftlich guten Zeiten. Doch dass Glos nun ausgerechnet in der schärfsten Wirtschaftskrise, die Deutschland je erlebt hat, seinen Rücktritt als eitlen Ego-Trip inszenierte und sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch CSU-Chef Horst Seehofer aus Rache eiskalt auflaufen ließ, ist eine wirkliche Frechheit und beschädigt das Ansehen von Politik(ern).

Paradoxerweise ist der Abgang von Glos ja die richtige Konsequenz, und in Berlin wie München kann man froh sein, dass er Geschichte ist. Der Zeitpunkt sowie Art und Weise sind jedoch falsch. In einer schweren Krise, wo zehntausende Arbeitsplätze wackeln, demonstriert man nicht Wehleidigkeit, sondern steht seinen Mann. Nicht nur an der Börse, auch in der Politik zählt die Psychologie.

Der merkwürdige Abschied in zwei Anläufen legt auch offen, was Seehofer lieber nicht in allen Medien besprochen haben möchte: Es läuft nicht so gut in der CSU, wie es der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef nach etwas mehr als 100 Tagen im Amt vermittelt. Zwar kann Seehofer einige Erfolge vorweisen - allerdings auf Kosten von Merkel. Kaum in der bayerischen Staatskanzlei eingezogen, setzte er Steuersenkungen in Berlin durch und drückte der Erbschaftsteuerreform einen deutlichen, bayerischen Stempel auf. Er sorgte dafür, dass Erben von Häusern verschont werden.

Doch der Abgang von Glos zeigt, dass innerhalb der CSU noch immer der alte Geist des Hauens und Stechens vorherrscht. Man (Glos) würgt dem Rivalen (Seehofer) lieber eines rein, als für die Sache zu schweigen. Wie unter Edmund Stoiber werden Schwächen gnadenlos offengelegt, um selbst besser dazustehen. Und Seehofers Schwäche heißt "Personal". Er hat mit der Verjüngung seiner Mannschaft begonnen, wurde aber nun zum Getriebenen. Der 37-jährige CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg ist als Wirtschaftsminister eine Notlösung, da kann er noch so talentiert sein. Er hätte sich besser noch einige Zeit als CSU-General profiliert, als mitten in der Wirtschaftskrise und mitten im deutschen Superwahljahr mangels Alternativen nach Berlin gepeitscht zu werden.

Seehofer zum Trost: Er ist nicht der Einzige, der düpiert dasteht. Auch Merkel ist schwer beschädigt, ihr wird das Chaos und Hickhack ebenfalls angelastet. Zudem wird einmal mehr deutlich, dass die Union, die sich ja als die einzige und wahre Wirtschaftspartei versteht, auf diesem Gebiet immer weniger zu bieten hat. Friedrich Merz, das wirtschaftspolitische Schwergewicht, wurde von Merkel kaltgestellt. Ihre angekündigten Reformen (Kopfpauschale bei der Krankenversicherung) schaffte sie als Kanzlerin nicht durchzuziehen.

Stattdessen lässt Merkel zum Entsetzen vieler in der Union überprüfen, ob man Banken verstaatlichen und Aktionäre auch enteignen könne. Das alles macht kein gutes Bild in der Krise und im Wahljahr. Nicht wenige in der Union meinen, wenn sie an die Wirtschaftspolitik denken, zu Recht: Glos ist weg. Aber bange ist uns immer noch. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2009)