So weit, so kalt

DER STANDARD/Roman David-Freihsl

Ja, es war definitiv kalt an diesem Tag. Wollte man dieses Bibbern allerdings in objektive Zahlen umwandeln - war das Ergebnis ein Verwirrendes. Denn auf der Kennedybrücke in Hietzing gibt's ja nicht nur öffentliche, sondern auch sprunghafte Uhren. Die zeigen nicht nur die Zeit an - von der man weiß, dass sie relativ ist: In regelmäßigen Abständen springt die Anzeige auf die aktuelle Temperatur - die allerdings ebenso wie die Zeit als relativierte Einheit angegeben wird.

An jenem Tag zeigte nämlich das Kastl über der Einstiegsstelle der Straßenbahnlinie 60 zum einen 18.31 Uhr an - und hüpfte dann auf die Temperaturanzeige 3° C. So weit, so kalt. Die Bim aber ließ wieder einmal auf sich warten, und so begann das Herumschlendern. Und drüben, auf der anderen Seite, ist noch eine Thermometeruhr. Die gab die gleiche Zeit wie gegenüber an - so schnell hat man sich schließlich auch wieder nicht bewegt, dass man dabei einen richtigen "Time Warp" hingelegt hätte. Doch dann wieder der gewohnte Zeit-Temperatur-Sprung - und am Display stand: 1° C.

Man will's nicht glauben, geht wieder hinüber zur stadteinwärts gelegenen Seite der Station und: 3° C. Gleich wieder retour, und drüben steht noch immer 1° C. Während gleichzeitig die Zeit gemütlich und korrekt synchron voranzuckelt.

Bei den Wiener Linien wird auf Nachfrage zu diesem "Problem" sogleich ein legendärer Pink-Floyd-Song assoziiert: "Dark Side Of The Moon". Was naheliegend ist - denn dort ist es ja tatsächlich immer kälter, auf der dunklen Seite des Mondes.

Dann allerdings wird ein Experte gefragt, ein "geeichter Nachrichtentechniker", wie Wiener-Linien-Sprecher Johann Ehrengruber versichert. Und jener kann sich das nur so erklären: Auf der stadtauswärtsliegenden Seite der Kennedybrücke weht meist der frische Westwind in die Stadt rein. Und deshalb registriere dort der Fühler eine kältere Temperatur als drüben, auf der windschattigen Seite. Aber: Im Grunde seien die Wiener Linien für diese Thermometeruhren gar nicht zuständig, sondern der Magistrat.

Was beweist: In Wien richten sich auch die Aussagen zur Temperatur danach, wie grad der Wind weht. (Roman David-Freihsl/7./8.2.2009, DER STANDARD, Printausgabe)