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Rechtsanwalt und Familienvater Hannes Hirtzberger befindet sich heute in einer Art Wachkoma

APA/Paul Plutsch

Das Giftattentat auf Ortschef Hannes Hirtzberger vor einem Jahr ist in Spitz kaum noch Gesprächsthema

DER STANDARD/Newald

Krems / Spitz an der Donau - Es war eine eigenartige Situation. "Ich komme in seine Kanzlei, sehe seine Akten, seine Unterschrift. Da ist seine Stimme auf dem Tonband." Als die Bewohner von Spitz an der Donau im Februar 2008 noch vollkommen unter Schock standen, weil ihr Bürgermeister vergiftet worden war, trat Andreas Nunzer vier Tage nach dem Anschlag auf Hannes Hirtzberger dessen Vertretung an. Er ist langjähriges Mitglied des Gemeindevorstands und wurde zum geschäftsführenden Gemeinderat ernannt. Er selbst hat keine Vertretung. Vizebürgermeister Rupert Donabaum kann aus gesundheitlichen Gründen auch nicht einspringen.

Noch immer führt ein Link auf der Gemeinde-Homepage zu Hirtzbergers Lebenslauf, in der Ich-Form verfasst. Doch Nunzer sagt, was auch andere im dem Ort mit 1700 Einwohnern erzählen: dass über den Anschlag kaum noch geredet wird. "In Zwiegesprächen taucht das Thema nur noch selten auf. Lediglich bei manchen Terminen - zu Weihnachten, bei Jahresrückblicken, da war es schon wieder präsent."

Nach wie vor im Wachkoma

Und auch dieser Tage. Denn: Kommenden Montag ist es genau ein Jahr her, dass Hirtzberger jene mit einer Grußkarte auf seinem Auto deponierte Süßigkeit verzehrt hat, die mit Strychnin versetzt war. Der Rechtsanwalt und Familienvater brach zusammen und befindet sich bis heute in einer Art Wachkoma-Zustand.

Der Fall ist zudem gerichtlich noch nicht abgeschlossen. Nach drei Wochen hatte die Polizei einen Tatverdächtigen ermittelt. Man fand DNA-Spuren von Helmut O., einem Spitzer Wirten, auf der Grußkarte. Im Mai haben die Geschworenen den 56-Jährigen einstimmig schuldig gesprochen: 20 Jahre Haft lautete das Urteil. O. hatte auf "unschuldig" plädiert.

Die Verteidigung legte Nichtigkeitsbeschwerde ein, weshalb der Akt an den Obersten Gerichtshof (OGH) ging. Derzeit liegt er aber wieder am Landesgericht Krems. Es seien formale Nachbesserungen vorzunehmen gewesen, erklärte Norbert Klaus, Sprecher des Kremser Landesgerichts am Freitag dem Standard. Laut Friedrich Rast, dem Anwalt des Angeklagten, ist ein Geschworener beim Prozess eingeschlafen. Das habe noch ins Protokoll eingearbeitet werden müssen. Rast rechnet damit, dass der Akt erst im Frühling wieder an den OGH ergeht. Laut Klaus wird es etwa Ende nächster Woche soweit sein.

"Erst wenn der Prozess abgeschlossen ist, ist der richtige Zeitpunkt, darüber nachzudenken, wie es in der Gemeinde weitergehen soll", erklärt Nunzer. Er sagt, er habe im vergangenen Jahr im Ort "keine großen Änderungen vorgenommen, und ich versuche, Hirtzbergers Arbeit fortzuführen". Das sei vor allem deshalb nicht immer leicht, weil das Bürgermeisteramt sehr viel Zeit koste. Eine Spitzerin gibt zu: "Herr Nunzer macht seine Arbeit sehr gut - aber er ist eben nicht der Bürgermeister." Zwar sagte ein Bewohner des Wachauer Weinorts nach dem Schuldspruch im Mai, von Spitz sei nun "eine große Last genommen worden". Doch ganz weg ist sie noch nicht. (Gudrun Springer/DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.2.2009)