Wahrscheinlich könnte er mehr verdienen, als Manager bei einer Bank etwa. "Aber da kenn ich keinen Neid", sagt Werner Faymann, lieber ist er Bundeskanzler.

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Wien - Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) will nach dem Vorbild von US-Präsident Barack Obama bei staatsnahen Unternehmen und solchen, die Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen, die Gagen von Managern begrenzen. Obama hatte vorgeschlagen, in Firmen, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, eine Gehaltsobergrenze von 500.000 Dollar einzuführen.
Faymann gibt im Interview mit dem STANDARD (siehe unten) zu bedenken, dass diese Obergrenze noch immer sehr hoch sei. In Betrieben, in denen der Staat Anteile hält, sei "höchstmögliche Sparsamkeit und Demut" angebracht. Aber bei Banken, bei denen eine Verstaatlichung angedacht wird, sei eine Beschränkung der Managergehälter möglich. Auch Banken, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, könnten betroffen sein. Faymann: "Je mehr die Bank vom Staat verlangt, um so größer müssen Einfluss, Kontrolle und Mitsprache bis hin zu Gehaltsfragen sein."

Umgekehrt könne es allerdings nicht sein, dass die bloße Haftung des Staates diesen zur Führung der Bank ermächtigt. Faymann weist auch daraufhin, dass gute Leute ihren Marktpreis hätten und gute Arbeit auch entsprechend bezahlt werden müsse.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) kann sich zwar auch Gehaltsobergrenzen für alle Unternehmen, die Staatshilfe bekommen, vorstellen. Ob dies verpflichtend kommen soll, ließ er aber offen. Er setzt auf die "Rolle der freiwilligen Verantwortung". Widerstand von der EU ist jedenfalls nicht zu erwarten. Es wäre sinnvoll, wenn die Mitgliedsländern dem Vorbild der USA folgen würden, sagte ein Sprecher. (red)

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"Demut ist angebracht, nicht Protzerei"

Bundeskanzler Werner Faymann sagt im Gespräch mit Michael Völker, warum er nach US-Vorbild die Gagen von Managern begrenzen will und dennoch den Vergleich mit Obama scheut.

STANDARD: Ist Ihnen nicht langweilig so ganz ohne Zank und Hader?

Faymann: Es gibt Dinge für Gewohnheitsmenschen, und ich bin einer, die gehen einem gar nicht ab. Ich glaube auch, die Bevölkerung würde lange keine große Koalition mehr wählen, wenn wir denselben Fehler zwei Mal machen.

STANDARD: Die ÖVP spielt auch mit?

Faymann: Man darf nicht übertreiben. Es gibt immer wieder inhaltliche Unterschiede. Das ist bei zwei verschiedenen Parteien auch nichts Außergewöhnliches. Die Frage ist, wie man diese Unterschiede austrägt. Ob der Bürger erkennen kann, dass hier überwiegend das Gemeinsame vorangestellt wird und Ergebnisse erzielt werden. Und nicht jede Diskussion ist auch gleich ein Streit. Es ist eine Frage des Stils, ob es ein kleinkarierter Streit ist oder eine inhaltliche Diskussion.

STANDARD: Sie haben unlängst wieder der FPÖ eine deutliche Absage erteilt, weil man mit dieser Partei nicht zusammenarbeiten könne. Wie geht es Ihnen, wenn Ihre Parteifreunde in den Bundesländern finden, man könne natürlich mit der FPÖ zusammenarbeiten?

Faymann: Auf mich kann man sich verlassen, meine Meinung behalte ich auch nach der Wahl bei. Ich bin davon überzeugt, eine Regierung soll gebildet werden, um konstruktiv für das Land etwas zu erreichen. Wer statt auf konstruktive Gesellschaftsmodelle und Politik mit Ergebnissen auf Destruktion, Einander-Aufhetzen und -Runtermachen setzt, hat in der Regierung nichts verloren. Es macht mich stolz, sagen zu können, was vor der Wahl gegolten hat, gilt auch nach der Wahl. Die Bundesländer werden bei einer Nationalratswahl ja nicht mitgewählt in einer föderalen Republik. Sie haben eigene Wahlen, eigene Verantwortlichkeiten und sind dort dem Wähler verantwortlich, was sie vor der Wahl sagen.

STANDARD: Aber die SPÖ ist ja eine Partei. Sie haben gesagt: „Das antifaschistische Herz ist ein Kernstück der Sozialdemokratie." Da gibt es offenbar eine zwiegespaltene Sozialdemokratie.

Faymann: Es wird in der Sozialdemokratie immer auch unterschiedliche Kräfte und Meinungen geben. Mit dem Zwiespalt wird man leben müssen. Ich habe eine klare Position und fühle mich auch von denselben, die auf Landesebene da immer alles offen lassen, in meinem bundespolitischen Kurs unterstützt. Es gab nie eine Phase, wo zum Beispiel Frau Burgstaller gesagt hätte, sie unterstützt meinen Kurs nicht.

STANDARD: US-Präsident Barack Obama will strikte Auflagen bei Firmen einführen, die staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Deren Manager sollen höchstens 500.000 Dollar im Jahr verdienen. Ist eine Beschränkung der Gagen für Sie auch in Österreich vorstellbar?

Faymann: Dort, wo der Staat die Gagen bestimmt, weil die Betriebe oder große Anteile davon dem Staat gehören, ist in Zeiten einer Wirtschaftskrise mit besonderer Sorgfalt vorzugehen. Wenn Sie mich fragen, wie ist das mit Dienstautos, Bonus, Gagen, dann sage ich, höchstmögliche Sparsamkeit und Demut ist angebracht. Das habe ich auch bei der Nationalbank klar formuliert. Da habe ich eine ganz klare Meinung: Also ja zu einer Beschränkung der Gagen. Schwieriger ist die Frage, inwieweit mischt man sich in privatwirtschaftliche Betriebe ein. Auch da gibt es natürlich Fälle. Ich könnte mir eine Beschränkung durchaus bei Banken wie in England vorstellen, wo eine Verstaatlichung angedacht wird. Ich wünsche mir das für Österreich nicht, das muss ich auch dazusagen. Aber wenn so etwas notwendig ist, sind die Gagen von der Politik zu beschließen und zu verantworten. Für die öffentliche Diskussion sind diese Gagen auch mit dieser Obergrenze sehr hoch. Darum ist Demut angebracht und nicht übertriebene Protzigkeit. Aber es ist schon zu vertreten, dass gute Leute einen Marktpreis haben. Es geht darum, Leute so zu bezahlen, dass sie gute Arbeit leisten und dass man auch gute Leute bekommt.

STANDARD: Wie schaut das bei Banken aus, die zwar nicht verstaatlicht sind, bei denen der Staat aber mit einer Haftung einspringt?

Faymann: Da stellt sich die Frage, welchen Einfluss wir nehmen. Je mehr die Bank vom Staat verlangt, umso größer müssen Einfluss, Kontrolle und Mitsprache bis hin zu Gehaltsfragen sein. Wenn man allerdings nur einen Schutzschirm konstruiert, ohne die Bank direkt zu subventionieren, darf man sich nicht erwarten, dass man die Bank auch zu führen hat.

STANDARD: Sie würden bei einer Bank mehr verdienen als jetzt als Bundeskanzler.

Faymann: Eindeutig.

STANDARD: Warum tun Sie es nicht?

Faymann: Ich habe auch schon als Wohnbaustadtrat mit vielen Menschen zu tun gehabt, die mehr verdient haben. Aber da kenn ich keinen Neid. Jeder soll das machen, was er wirklich gerne macht. In der Politik muss Herz und Engagement dabei sein, sonst hält man das ja gar nicht aus.

STANDARD: Ihr guter Bekannter Wolfgang Fellner vergleicht Sie in „Österreich" gerne mit Barack Obama. Was haben Sie tatsächlich mit Obama gemeinsam?

Faymann: Es gibt so viele Unterschiede, vom Land, von den Voraussetzungen her. Da kann man keinen Vergleich anstellen. Ich habe keinen Ehrgeiz, mit Barack Obama verglichen zu werden. Da gibt es so viele Unterschiede, bis hin zum Waschbrettbauch.

STANDARD: Nächste Woche ist Regierungsklausur. Wird es bis dahin noch Änderungen bei der Steuerreform geben?

Faymann: Wir werden im Ministerrat einen Beschluss fassen, dann geht das ins Parlament. Ich bin kein großer Prophet, wenn ich sage, dass dort auch noch diskutiert werden wird und dass es dann Änderungen geben kann. Wie etwa Vor- und Nachteile gewichtet sind und wie man Missbrauch ausschließt.

STANDARD: Das klingt so, als würden Sie sich noch Änderungen wünschen.

Faymann: Nein. Aber wir müssen noch die Frage klären, wie die Entlastung bei Freiberuflern ausschauen soll, möglichst mit Gegenfinanzierungen. Aber das sind keine ideologischen Fragen.

STANDARD: Die ÖVP umwirbt bereits Johannes Voggenhuber, der bei den Grünen in Ungnade gefallen ist. Werden Sie sich auch um ihn bemühen? Oder sind Quereinsteiger bei Ihnen nicht erwünscht?

Faymann: Da gibt es ganz unterschiedliche Erfahrungen. Claudia Schmied etwa ist eine hervorragende Politikerin, die vorher nicht parteipolitisch tätig war. Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Hans-Peter Martin etwa. Da hat man sich im letzten Moment hingesetzt und gesagt, wir brauchen jemanden kritischen. Kritisch war ja nicht schlecht, aber dann hat man gesehen, dass er überhaupt nicht teamfähig ist. Das muss man aber sein. Ich werde jetzt jedenfalls nicht auf Werbetour gehen, um Quereinsteiger zu verpflichten.

STANDARD: Das heißt, Voggenhuber interessiert Sie nicht?

Faymann: Das ist zu brutal formuliert. Aber ich werbe nicht um ihn.

STANDARD: Wer wird Ihre EU-Liste anführen, und warum ist das nicht automatisch Hannes Swoboda?

Faymann: Finden Sie, dass im politischen Leben immer alles automatisch sein soll? Hannes Swoboda wird sicher zu den Kandidaten gehören, auch Maria Berger. Das sind Leute mit Erfahrung. Aber wir brauchen auch neue Leute, die etwa auf dem Gebiet Arbeitnehmerrechte und soziales Europa eine kritische Perspektive einbringen. Abgeordneter zu sein ist keine pragmatisierte Tätigkeit, wir brauchen auch neue Leute. Und neue Botschaften.

STANDARD: Also attraktivere Kandidaten, meinen Sie.

Faymann: Es gibt einige attraktive Kandidaten, aber wir brauchen eine bessere Durchmischung. Es müssen Neue dabei sein.

STANDARD: Und der oder die könnte auch die Liste anführen?

Faymann: Ich verrate Ihnen etwas: Bei unseren Umfragen, wie es um die SPÖ-Vertretung in der Europäischen Union steht, kam Folgendes heraus: Die SPÖ ist klar Erster bei denen, die nicht zur Wahl gehen. Und das ist schlecht für eine Wahl. Wir haben Potenzial bei jenen Leuten, die sich vorstellen können, wegen unseres kritischen Kurses die SPÖ zu wählen, aber sich nicht sicher sind, ob es sich auszahlt, überhaupt zur Wahl zu gehen.

STANDARD: Also brauchen Sie einen Kandidaten, der diese Leute mobilisieren kann.

Faymann: Eine Gruppe von Kandidaten. Wir brauchen jene Leute, die sagen, ja, dieses Europa ist wichtig, aber es soll anders werden. Es soll kritischer, sozialer und bürgernäher werden. Die brauche ich. So haben wir auch vor, den Wahlkampf auszurichten. (Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe, 7./8.2.2009)