"Marseille" von der Berliner Filmemacherin Angela Schanelec, Arte, Sonntag, 15.55 Uhr.

Foto: Arte

Marseille ist eine Stadt, die sich erst preisgibt, wenn man sie durchstreunt. Hinter jedem Hügel wartet eine neue Ansicht, kein billiges Motiv, kein Ausblick, sondern ein echtes Bild, das etwas von den vielen Widersprüchen dieses Ortes enthält. Marseille - so heißt auch der Film der Berliner Filmemacherin Angela Schanelec (Arte, So 15.55), der im ersten Abschnitt nichts weiter tut, als eine solche Erwanderung einer Stadt zu rekonstruieren.

Sophie (Maren Eggert), die Protagonistin des Films, ist Fotografin. Mit ihrer Kamera zieht sie durch die engen mediterranen Gassen und hält Alltagssituationen fest. Der Film folgt ihrem Blick, er entwirft keine Subjektiven, sondern haftet sich an sie - der Gegenschuss, der Blick zurück auf sie, erfolgt erst später, beim Weg zurück. Das hat den schönen Effekt, dass man die Orte wiedererkennt - ganz ähnlich wie beim eigenen Stadtbesuch, wo die Vertrautheit mit der Umgebung erst durch Wiederholungen wächst.

Schanelec - die auch einen Teil zum Kompilationsfilm Deutschland 09 beitrug, der bei der Berlinale uraufgeführt wird - hat 2004 mit Marseille einen Film gedreht, der nie zu viel darlegt, sondern alles in die Bilder hineinverlegt: Das verbindet die äußere Form mit der Figur, einer Frau, die verschlossen bleibt. Erfahrungen haften an ihr wie Schatten. Irgendwann geht sie aus und sagt über sich einen sehr klaren Satz: "Ich finde nie ein Ende." Das muss genügen. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD; Printausgabe, 7./8.2.2009)