Münster - Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Biomedizin in Münster (Deutschland) haben entdeckt, wie man mit einem einzigen Gen ausgereifte "adulte" Zellen von Mäusen zu Stammzellen reprogrammieren kann.

Hans Schöler von dem Institut gelang es, induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) ohne eingeschleuste Tumor-Gene zu erzeugen. Das macht die Zellen sicherer und könnte so ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur Entwicklung künftiger Stammzelltherapien sein. Die Arbeit erscheint in der Wissenschaftszeitschrift "Cell" (online).

Hintergrund

Seit Jahren wird mit Hochdruck nach einer Methode gesucht, mit der sich ausgereifte Zellen so umprogrammieren lassen, dass sie sich wie embryonale Stammzellen verhalten. Denn diese sind pluripotent, das heißt, in der Lage, jeden der mehr als 200 Zelltypen des Körpers zu bilden. Mit diesen patienteneigenen, pluripotenten Stammzellen könnte ein Traum vieler Mediziner und Patienten in Erfüllung gehen: die Schaffung einer unerschöpflichen Quelle für körpereigene Ersatzgewebe zur Behandlung diverser Krankheiten wie Parkinson, Herzleiden oder Diabetes.

Meisterleistung

Vor etwa zwei Jahren erregten japanische Forscher daher Aufsehen, als es ihnen glückte, Hautzellen einer Maus in ihren embryonalen Urzustand zurückzuversetzen. Das Rezept wirkt einfach: Um die begehrten Multitalente zu erzeugen, hatte das Team um Shinya Yamanaka mit Hilfe von Viren aktive Zusatzkopien von lediglich vier normalerweise abgeschalteten Genen in die Zellen eingeschleust.

Dahinter steckte eine Meisterleistung. Bis dahin wusste niemand, ob und mit welchen Faktoren sich eine Zelle überhaupt reprogrammieren lässt. Yamanaka und seine Kollegen hatten 24 Kandidaten in allen erdenklichen Kombinationen getestet, bis sie die entscheidenden Faktoren - die Gene Oct4, Sox2, c-Myc und Kfl4 - dingfest gemacht hatten.

Vor einem halben Jahr gelang Mitarbeitern aus Hans Schölers Team ein weiterer Coup. Statt wie bisher vier, benötigten die Zellbiologen Jeong Beom Kim und Holm Zaehres nur noch zwei Faktoren.

Neue Methode

Bei der Entwicklung ihrer neuen Methode kam den Forschern auch etwas Glück zur Hilfe: In einem anderen Projekt hatten Schöler und seine Mitarbeiter entdeckt, dass es im Gehirn erwachsener Mäuse Zellen gibt, die natürlicherweise drei der vier Faktoren aus dem Reprogrammier-Cocktail produzieren. In diesen neuralen Stammzellen, die als Nachschubquelle für verschiedene Nervenzelltypen dienen, sind die Gene Sox2, Klf4 und c-Myc von sich aus aktiv.

Genau diese Zellen sind es auch, mit denen Kim und Zaehres die Technik nun erneut vereinfacht haben. Wie sie herausfanden, genügt ein einziges Gen aus dem Cocktail, um die Lebensuhr in neuralen Stammzellen zurückzudrehen: der Transkriptionsfaktor Oct4. Entscheidend dafür ist allerdings, dass man nicht nur sorgfältig arbeiten, sondern auch warten kann: Mit vier Faktoren, so zeigte sich, ist die Reprogrammierung bereits nach rund einer Woche erfolgreich abgeschlossen. Schleust man nur zwei Gene ein, dauert es mindestens 14 Tage. Hat man nur Oct4 als "Hebel", der die Zellen in Richtung "Neustart" schiebt, braucht der Vorgang drei bis vier Wochen. Aus den Stammzellen konnten jedenfalls wieder Herz-, Nerven- oder Keimzellen gezüchtet werden - so wie aus den Zellen, in denen man vier aktiviert eingefügt hatte. (APA)