Nachdem jetzt eine weitere Datenaffäre bekannt wurde, gerät er immer mehr unter Druck. Koalitionspolitiker bringen seinen Rücktritt ins Spiel, die Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat haben ein Gespräch mit der Konzernspitze aus Verärgerung über den Bahnchef abgesagt.

Dabei schien der 66-Jährige, der seit zehn Jahren an der Spitze der Deutschen Bahn steht, am Dienstag noch auf Beschwichtigungs-Kurs. Er bedauere die Datenaffäre in dem von ihm geführten Unternehmen, erklärte er in einem Brief an die Mitarbeiter. Die Bahn hatte zwischen 2002 und 2003 heimlich die Daten von 173.000 Mitarbeitern und 80.000 Auftragnehmern der Bahn verglichen, um Korruption auf die Spur zu kommen.

Zwar brachte Mehdorn das von den Gewerkschaften geforderte Wort "Entschuldigung" nicht über die Lippen, die Arbeitnehmer jedoch drosselten ihren Zorn. Doch nur wenige Stunden später wurde bekannt: Es gibt bei der Bahn noch eine weitere Datenaffäre. 2005 ist die komplette Belegschaft (220.000 Beschäftigte) überprüft worden.

Über das Schicksal Mehdorns soll auf einer Sondersitzung des Aufsichtsrats entschieden werden. Vor allem in der SPD mehren sich kritische Stimmen. Könne Mehdorn den Sachverhalt nicht gründlich aufklären, werde er sich "nach einer anderen Tätigkeit umsehen müssen", sagt SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz. Auch der Chef des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy, warnt: "Der Vorgang ist geeignet, das Ansehen der Bahn weiter zu schädigen."

Mehdorn gilt als einer der unbeliebtesten Top-Manager Deutschlands. Fahrgäste und Belegschaft lasteten ihm in der letzten Zeit Preiserhöhungen, Achsenbrüche und den von ihm geplanten und dann unter Druck wieder verworfenen "Bedienzuschlag" am Schalter an. Andererseits hat er die ehemalige Staatsbahn zum weltweit agierenden Logistikkonzern umgebaut, der an die Börse sollte. Diese Pläne zerschlugen sich aber wegen der Wirtschaftskrise. (bau, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 5.2.2009)