Die Grünen haben die Basisdemokratie aus ihrem Programm entfernt" , begründet Johannes Voggenhuber seinen endgültigen Rückzug von der Wahlliste für die EU-Kandidatur. Schade, dass ein streitbarer und kluger Grüner so Abschied nimmt. Sein Ansinnen, mit diesem Abgang auch gleich den Abgesang auf zentrale grüne Werte anzustimmen, muss aber als illegitime Rechtfertigung eigenen Scheiterns zurückgewiesen werden. Genauso wie die Kritik grüner Promis, Funktionärsdemokratie hätte Basisdemokratie ersetzt, oder die Polemik, die Grünen fürchteten ihre Wähler.

Die mehrfach geäußerte Warnung, unsere Wähler/innen würden nicht verstehen, warum Voggenhuber nicht auf der grünen EU-Wahlliste aufscheint, ist jedoch sehr ernst zu nehmen. Daher einige Klarstellungen, die Voggenhuber und seine Unterstützer ihren Sympathisanten offenbar schuldig geblieben sind.

Verschwörungsphantasien

Voggenhuber ist bei der internen Wahl - die übrigens nicht eine abgehobene Bundesspitze, sondern rund 250 Delegierte vorgenommen haben - angetreten mit der Festlegung "Für mich der erste Platz, oder ich gehe!" Er unterlag und ist gegangen. Schade, denn er hat damit mir und vielen anderen Grünen die Chance genommen, ihn hinter einer starken neuen weiblichen Spitze ins Rennen um die EU-Mandate zu schicken. Hat er nach dieser Aktion eigentlich der Basis oder seinen Wählern erklärt, warum er mit seinem eitlen Beharren auf die Alfa-Rolle verhindert hat, dass der Name Voggenhuber auf dem Wahlzettel steht? Wenn er nun argumentiert, die Parteispitze hätte seine Abwahl monatelang geplant und der zweite Platz wäre daher aussichtslos gewesen, dann äußert er absurde Verschwörungsphantasien, diskreditiert die Delegierten als fremdbestimmt und zeigt fehlendes Selbstbewusstsein.

Warum haben die Grünen nach Voggenhubers verlorenem Pokerspiel um Platz eins aber seine überraschende Bewerbung um eine Solidaritätskandidatur auf den hinteren Rängen verhindert, fragen sich viele Beobachter. Sie können nicht nachvollziehen, dass für den renommierten EU-Parlamentarier sogar explizit dort kein Platz sein sollte, wo viele Grüne nur als Zeichen ihrer Unterstützung unwählbare Listenplätze bevölkern. Dieses Nein aber, übrigens wiederum nicht von der Bundesspitze, sondern von allen Länder-Delegierten ausgesprochen, galt nicht der vermeintlichen Solidarität. Es galt dem Versuch, sich - ohne von der Basis gewählt zu sein - mit einer Kampfkandidatur gegen gewählte Spitzenkandidatinnen und die neue Parteiführung in Stellung zu bringen und damit den kommenden Wahlkampf zu einer Konfliktpartie unter Grünen zu machen.

Die Chance, auf einem Listenplatz für die Grünen ins Rennen zu gehen, hat Voggenhuber mit seinem voreiligen Rückzug am Bundeskongress ohne Not selbst zerstört. Schwerer aber wiegt der Schaden, den das grüne Projekt in dem daraus entstandenen Konflikt genommen hat. Wichtige Entscheidungen brauchen nämlich verlässliche und gesicherte Strukturen. Voggenhuber stellt sich öffentlich als Opfer einer Intrige dar und hat damit grüne Freunde quer durchs Land und durch die internen Parteiströmungen in Geiselhaft genommen. Vor allem jene haben viel zu verlieren, die vor Landtagswahlen stehen und geeinte grüne Kräfte brauchen. Wer aber demokratische Entscheidungsstrukturen aushebeln will, weil sie eigenen Interessen im Wege sind, dient nicht der Basisdemokratie, wie Voggenhuber vorgibt, sondern stellt sie infrage. Die populistische Umdeutung des Vorgefallenen in sein Gegenteil ist allerdings eine kommunikative Meisterleistung des EU-Parlamentariers. Man erinnere sich: Voggenhuber ist mit 45,3 Prozent Zustimmung gegen Lunacek auf Platz eins nur knapp und respektabel unterlegen. Opfer von Intrigen sehen anders aus. (Sigrid Pilz/DER STANDARD-Printausgabe, 5. Feber 2009)