Wien - Die Inflation in der Eurozone lag im Jänner bei 1,1 Prozent und damit auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Volkswirte hatten die Europäische Zentralbank (EZB) deshalb zu weiteren Zinssenkungen gedrängt. "Die tiefe Rezession und die sich ausbreitende Kreditkrise erhöhen das Risiko eines erheblichen Unterschießens des EZB-Preisziels", warnt Jürgen Michels, Deutschland-Chefvolkswirt der Citigroup, zur Financial Times (FT). Für die EZB ist Preisstabilität dann erreicht, wenn die Inflation mittelfristig bei knapp zwei Prozent liegt.

"Die Situation ist schlimm genug, um den Zins so weit und schnell wie möglich zu senken", sagte Agustín García Serrador, Volkswirt für die Euro-Zone bei der spanischen Bank BBVA, zur FT.

Rückgang der Inflation

Die Volkswirte widersprechen damit der EZB, die den rasanten Rückgang der Inflation auf 1,1 Prozent im Dezember als vorübergehendes Phänomen infolge des Ölpreisverfalls sieht. Sie erwartet, dass die Preissteigerung in 18 bis 20 Monaten wieder im Zielbereich von "unter, aber nahe 2,0 Prozent" liegt. Die EZB begründet auch so ihren im Vergleich zu anderen Notenbanken vorsichtigeren Kurs. Sie hat ihren Zins von 4,25 auf 2,0 Prozent gesenkt, zögert aber mit weiteren Schritten.

Der Ökonom Nouriel Roubini schreibt der EZB kein gutes Zeugnis aus. Sie hätte "zu spät" mit den Zinssenkungen begonnen und die Zinsschritte seien "zu niedrig".

Währungshütertreffen

Ebenfalls zur Zinssitzung treffen sich am Donnerstag die Währungshüter in London. Wie erwartet, hat die Bank of England die Zinsen um 50 Basispunkten gesenkt.

Die norwegische Nationalbank hat am Mittwoch ihren Leitzinssatz auf 2,5 Prozent gesenkt. Als Begründung nannte Zentralbankchef Svein Gjedrem die verschlechterte Weltwirtschaftslage und die verlangsamte Inflation. Durch die erwartete niedrige und stabile Inflationssituation sei es nun möglich, eine aktive Zinspolitik zu betreiben.

Keine Sorge um den Euro

Ewald Nowotny, Chef der Oesterreichischen Nationalbank, teilt die Sorge nicht, dass der Euro in der Krise unter Druck komme. Das Gegenteil sei der Fall: Europäische Staaten würden in den Euro drängen, sagte Nowotny in einem Interview in den Oberösterreichischen Nachrichten. Sogar in Großbritannien sei der Gedanke nicht mehr abwegig. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 5.2.2009)