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Nicht gern gesehen sind die Chinesinnen bei den anderen Prostituierten, weil sie nur etwa die Hälfte des üblichen Preises vor Ort verlangen.

Foto: APA/AP/Thibault Camus

Paris war schon immer auch die Stadt der käuflichen Liebe, und zunehmend wird der Markt mit chinesischen Prostituierten gesättigt. "Inzwischen sind es mehr als 500", sagt Tim Leicester von der Organisation Médecins du monde (Ärzte der Welt). "Sie bilden längst die größte Gruppe unter den Prostituierten in Paris, die meisten von ihnen sind illegal im Land."

Auf eigene Faust hier, aber nicht mit Ziel Prostiuierte zu werden

Anders als ihre Kolleginnen aus Afrika oder Osteuropa, die oft blutjung von Schlepperbanden ins Land gebracht werden, kommen die Chinesinnen auf eigene Faust. "Es sind Mütter, sie sind zwischen 35 und 55 Jahre alt, können kein Wort englisch oder französisch, und haben nicht die Absicht, auf den Strich zu gehen", sagt Leicester.

Sich der Realität stellen: Am Strich

Die Armut in den deindustrialisierten nördlichen Regionen treibt sie nach Frankreich, wo sie Geld für ihre Kinder in der fernen Heimat verdienen wollen. Wie Jian Li, die ein Jahr lang ihren Körper verkaufte: Nach der Reise hoch verschuldet, konnte sie sich mit Gelegenheitsjobs in der chinesischen Gemeinde nicht länger über Wasser halten. "Schließlich landete ich in einem Zimmer mit einem Dutzend anderen Frauen", schilderte sie im "Journal du Dimanche". "Ohne Ausweis, ohne Identität. Eine Woche habe ich auf der Matratze gelegen und geweint, dann habe ich mich der Realität gestellt. Oralverkehr 20 Euro, Geschlechtsverkehr zwischen 30 und 40 Euro."

"Keine Ahnung von Aids oder Kondomen"

Jede Woche fährt der "Lotus Bus" von Médecins du monde zur Metrostation Strasbourg/Saint-Denis im Rotlichtviertel der Innenstadt. Die Organisation hat das Hilfsmobil extra für die chinesischen Prostituierten eingerichtet, alle MitarbeiterInnen sprechen Mandarin.

"Die Frauen sind in einer elenden Situation", sagt Leicester. "Sie können sich nicht verständigen, haben keine Krankenversicherung, und sie kennen das Geschäft auch überhaupt nicht. Die meisten Chinesinnen haben keine Ahnung von Aids oder Kondomen." Mit einem Gummi-Penis wird im "Lotus Bus" Präservativ-Unterricht erteilt, damit sich die Frauen besser vor Krankheiten schützen können.

Schutzlos

"Manche haben zehn Kunden pro Tag", sagt Leicester. Zum Freiwild werden sie aber nicht nur wegen ihrer Unerfahrenheit, sondern weil sie in der Illegalität leben und keine Zuhälter haben, die sie im Notfall beschützen könnten.

Serien-Vergewaltiger aus Angst vor Abschiebung nicht angezeigt

Vor wenigen Wochen wurde ein 26-Jähriger festgenommen, der acht chinesische Prostituierte vergewaltigt und verprügelt haben soll. Die Polizei hätte ihm schon früher auf die Spur kommen können. Einige Opfer hatten sich das Nummernschild des Wagens notiert, mit dem er im Stadtpark Bois de Vincennes unterwegs war. Doch aus Angst vor der Abschiebung melden sich die Gewaltopfer nicht direkt - MitarbeiterInnen von Médecins du monde konnten sie schließlich zu vertraulichen Anzeigen bewegen. Und so wurde der Vergewaltiger erst nach zwölf Monaten gestoppt. 

"Billigkonkurrenz"

Prostitution ist in Frankreich zwar nicht verboten, wohl aber das Werben um Freier. Nicht gern gesehen sind die Chinesinnen bei den anderen Prostituierten, weil immer jüngere Frauen nachkommen, die nur etwa die Hälfte des üblichen Preises vor Ort verlangen. (APA/red)