Irgendwo muss der "Krone"-Boss in der letzten Zeit seine Bereitschaft erklärt haben, in seinem Blatt neben der stupid-monotonen Darstellung des entblößten Frauenkörpers gelegentlich auch die Erotik heimischer Universitäten zum Thema zu machen. Am Freitag war's nicht. Da ließ er bei der gewohnt wässrigen Melange mit seiner Dienstnehmerin Nadia Weiss in seinem Magazin "Live" den Unbestechlichen heraushängen, in der Hoffnung, sich damit vorteilhaft von der EU zu unterscheiden. An der hatte er wieder einmal Ungeheuerliches entdeckt. Vor allem gibt es jetzt einige TV-Sender (angeblich sollen es Dutzende sein), die sogenannte Förderbeiträge erhalten, damit aber die Verpflichtung eingehen, die EU "weder direkt noch indirekt zu schädigen".

Die brave Interviewerin wusste natürlich, was sie an dieser Stelle zu sagen hatte: Ich nehme an, Sie würden auf das Geld verzichten? Dass ihre Annahme hinterher mit einem Fragezeichen versehen war, verrät ein Quäntchen Skepsis, dessen Quelle nur im Löwenmut eines total unabhängigen Journalismus liegen kann. Die Antwort war dann auch überraschend eindeutig, hätte man sich doch von jemandem differenzierteren Respons erwartet, der regelmäßig Förderbeiträge der städtischen Bestattung oder eines ehemaligen Infrastrukturministers erhalten hat, woraus sich, fern jeder Verpflichtung die Freiwilligkeit von selbst ergab, die Wiener SPÖ und den nunmehrigen Herrn Bundeskanzler "weder direkt noch indirekt zu schädigen".

Dichand antwortete gerade heraus. Natürlich würde er auf das Geld verzichten. Die Annahme des Geldes heißt mit anderen Worten nichts anderes, als dass die Sender und alle, die da mitmachen, also einen Teil der fünfzig Millionen geschenkt erhalten, die EU künftig nur noch loben dürfen. Damit wird die Einseitigkeit der Beurteilung und der Berichterstattung einfach gekauft. Gibt es in der Publizistik überhaupt etwas Ärgeres als diese Art der Millionen-Bestechung?

Gute Retourkutsche zum Thema Quod licet Jovi, non licet bovi. Daraus ergab sich zwanglos die nächste Kaffeesudfrage. In Österreich soll es wieder einen Presserat geben. Sollte er auch in solchen Angelegenheiten aktiv werden? Also dagegen sollte sich doch etwas machen lassen. Ja, wie man hört, soll in Österreich der Presserat wieder auferstehen. Man wird sehen, ob in einem EU-Staat wie Österreich eine unabhängige Institution überhaupt noch möglich ist.

Nach allem, was man vom Bemühen um einen neuen Presserat so hört, sind die Chancen dafür beruhigend gering. Zufall ist das ebenso wenig wie sein vormaliges Ende. Im "Krone"-Land brauchte es keine EU, um eine funktionierende Institution umzubringen, die sich für saubere Berichterstattung im Sinne der davon Betroffenen einsetzte - da genügte letztlich ein Herausgeber. Es jetzt so hinzudrehen, als hintertreibe die böse EU neben all ihren sonstigen Verbrechen auch noch die Neugründung eines Presserates in Österreich, kann man sich auch nur in einem Blatt herausnehmen, das man selbst herausgibt.

Aber zurück zum jüngsten Drang der "Krone" in akademische Gefilde. Es gibt ja Zeitungen, die regelmäßig Probleme der Universitäten thematisieren. Aber das ist nicht dasselbe, wie wenn Hans Dichand zum öffentlichen Seniorenstudium in Universitätskunde aufbricht und sich am Samstag dafür Leserbriefe unter dem Kennwort "Universität" an leser@kronenzeitung.at bestellte.

Gewöhnlich folgen habituelle "Krone"-Leser ihrem Herrn aufs Wort. Diesmal: Sonntag kein Leserbrief zu den Unis, Montag desgleichen. Selbst bewährte Beiträger wie die Herren Weinpolter und Abl aus Großgmain hatten nichts auf Lager. Doch am Samstag, gleichzeitig mit ihrer Bestellung, fanden sich gleich drei Leserbriefe, die Dichand als Förderer, wenn nicht Retter heimischer Wissenschaft feierten.

Sehr geehrter Herr Dichand, schrieb "Krone"-Leser Univ.-Prof. mag. Dr. Christoph Badelt, für Ihre Bereitschaft, den Anliegen der Universitäten in der "Kronen Zeitung" ausdrücklich Raum zu verleihen, möchte ich mich bei Ihnen sehr herzlich bedanken. Badelts ausdrückliche Raumverleihung wurde übertroffen von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Weber: Dass sich die "Krone" als auflagenstärkste Tageszeitung den schweren Problemen der österreichischen Universitätspolitik widmet, ist einzigartig. (Stimmt!) Eine Huldigungsadresse, die Rektor Univ.-Prof. Dr. Georg Winckler mit dem Essay Universitäten zahlen sich aus ergänzte. Jetzt wird's aber Zeit für Weinpolter und Abl, ehe Faymann und Gusenbauer wieder zuschlagen. (Günter Traxler, DER STANDARD; Printausgabe, 3.2.2009)