Washington - Noch diese Woche soll Barack Obamas Konjunkturpaket die entscheidende Hürde nehmen. Nachdem das Repräsentantenhaus grünes Licht signalisiert hatte, soll auch der Senat die Novelle passieren lassen. Die Republikaner drohen mit Blockade, falls nicht nachgebessert wird. Unterdessen wird die Sorge laut, dass die Bevorzugung von US-Unternehmen einen Wettlauf in Richtung Protektionismus auslöst. "Wenn wir amerikanisch kaufen, wird niemand sonst es tun", spitzt Douglas A. Irwin, Ökonomieprofessor an der Dartmouth University, seine Bedenken zu. Europäer, Chinesen, Japaner könnten folgen. Das Letzte, was die Weltwirtschaft in der Krise brauche, sei ein Schlag gegen den globalen Handel. "Aber genau das scheinen wir zu tun."

Auslöser der auflebenden Debatte ist die Stahlklausel des 819-Milliarden-Dollar-Konjunkturplans. Demnach soll beim Brückenbau und anderen Projekten ausschließlich Material aus US-Hochöfen verwendet werden. Die dortige Stahllobby hatte auf den Passus gedrängt, bemüht, einen Trend umzukehren.

Unübersehbar sind politische Zwänge. In Bundesstaaten wie Ohio und Pennsylvania, einst Hochburgen der alten Industrie, heute von Strukturkrisen geplagt, stand die Präsidentschaftswahl auf Messers Schneide. Dort waren es die Gewerkschaften, die Obama gegen die anfängliche Skepsis ihrer älteren, zumeist weißen Mitglieder zum Sieg verhalfen. Bei ihnen steht der Präsident in der Pflicht.

Neue Uniformen

Auch 100.000 neue Uniformen für Zollbeamte und Grenzkontrolleure sollen in den Vereinigten Staaten geordert werden, nicht in Asien oder Lateinamerika. "Buy American" lautet die Auflage. Einige Senatoren basteln daran, die Maxime auf weitere Sektoren auszuweiten. Nach ihrem Willen sollen die 20 Milliarden Dollar, die ausgegeben werden, um alle Krankenakten per Datenchip zu speichern, ausnahmslos an Hightech-Firmen zwischen Seattle und Savannah fließen. Kritiker zweifeln am Sinn des Vorstoßes, zumal die Softwarebranche global so vernetzt ist wie kaum eine andere.

Ökonom Irwin rechnet vor, wie protektionistische Barrieren die Kosten treiben. Als Paradebeispiel nimmt er die Brücke, die San Francisco mit Oakland verbindet. 1989 bei einem Erdbeben beschädigt, musste sie teilweise neu gebaut werden. Laut Behörden sollten US-Lieferanten den benötigten Stahl liefern, solange ihre Ware nur um maximal ein Viertel teurer war als die der ausländischen Konkurrenz. Den Zuschlag bekam ein Anbieter, der 23 Prozent mehr in Rechnung stellte als der nächstplatzierte Wettbewerber aus dem Ausland. Unterm Strich mussten die Kalifornier 400 Millionen Dollar mehr für die Brücke über die Bucht von San Francisco berappen. "Ein Geldregen für einen glücklichen Stahlkonzern", so Irwin, "aber dafür haben die Mittel für andere Bauvorhaben nicht mehr gereicht". (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2009)