Belgrad - Ärzte in dem mehrheitlich von Serben bewohnten Nord-Kosovo schlagen Alarm wegen des sogenannten Balkan-Syndroms, bzw. des starken Anstiegs von Krebserkrankungen. In der Region kommen demnach zur Zeit 20 Krebsfälle auf 60.000 Einwohner. Vor dem Kosovo-Krieg (1998-1999) wurden zehn Krebskranke auf 300.000 Einwohner registriert, berichtete die Belgrader Tageszeitung "Politika" am Montag unter Berufung auf die Ergebnisse einer mehrjährigen regionalen Studie.

Radioaktiv abgereichertes Uran

Der Anstieg der Krebserkrankungen wird vorwiegend auf den Einsatz von Geschoßen mit schwach radioaktiv abgereichertem Uran seitens der NATO-Allianz im Frühjahr 1999 zurückgeführt. Mit solchen Waffen wurden 112 Ziele in ganz Kosovo, vorwiegend im Westen des Landes, beschossen. Der Nord-Kosovo blieb dabei relativ verschont. Auf einer Landkarte, welche "Politika" am Montag veröffentlicht, werden allerdings drei verseuchte Stellen auch im Nord-Kosovo angegeben.

Rund neun Tonnen abgeworfen

Der Leiter eines serbischen Forschungsteams in Mitrovica, Nebojsa Srbljak, sagte für das Belgrader Blatt, dass manche ehemalige Reservisten besonders stark von Krebserkrankungen betroffen wären. Alleine in der ersten Hälfte des Vorjahres wurden in Mitrovica nach Angaben von Srbljak mehr als 2.000 neue Krebsfälle gemeldet. Vermehrte Krebserkrankungen wurden laut "Politika" auch im benachbarten Zvecan registriert. Man geht dem Blatt zufolge davon aus, dass die NATO etwa neun Tonnen abgereichertes Uran gegen nordkosovarische Ziele abgeworfen hatten.

Die Regionen des Westkosovo um die Städte Pec, Prizren, Djakovica, aber auch Podujevo, nördlich von Pristina, sowie Urosevac im Ost-Kosovo gelten als die verseuchtesten. Über das Balkan-Syndrom wurde bisher wiederholt aus Italien berichtet, weil italienische Soldaten im Rahmen der internationalen Friedenstruppe KFOR nach dem Kosovo-Krieg in der Gegend um Pec zum Einsatz kamen. (APA)