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Grafik: APA

Wien - Den Umständen entsprechend wirkte das Lächeln der zwei ins Arbeitsamt in der Laxenburger Straße in Wien-Favoriten gereisten Minister gequält, die von AMS-Geschäftsführer Johannes Kopf überbrachte Botschaft ist besorgniserregend: Die Zahl der Menschen ohne Erwerbsarbeit ist im Jänner um um 32.777 auf 301.529 gestiegen. Das sind um 12,2 Prozent mehr als im Jänner 2008. Zusammen mit den 53.517 in Schulungen geschickten Personen (plus 1156) sind aktuell 355.046 Personen auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.

Damit ist klar: Die Wirtschaftskrise ist voll in die Realwirtschaft eingefahren, insbesondere in der Sachgüterindustrie. In deren Branchen wurden aufgrund von Absatzkrise und Auftragseinbrüchen 7841 Arbeitsplätze gestrichen - ein Rückgang um 28,8 Prozent im Jahresvergleich. Insgesamt hat es die Industrie freilich bereits viel dicker erwischt, denn in turbulenten Zeiten verlieren als erstes Leih- und Zeitarbeiter ihre Jobs. Im Jänner 2009 ist deren Zahl um 7399 (oder fast ein Drittel) gestiegen.

Hinzu kommen Heerscharen an Kurzarbeitern, mit denen Regierung und Arbeitsmarktservice (AMS) Arbeitslosigkeit im großen Stil hintanzuhalten versuchen. Anfang Februar war in 113 Betrieben in Österreich Kurzarbeit für insgesamt 22.411 Beschäftigte bewilligt. Tendenz steigend, denn 1604 Dienstnehmer in elf Betrieben kommen noch im Februar dazu, weitere 5872 in 22 Betrieben in den nächsten Monaten.

Mehr Kurzarbeit

Damit ist klar: In nächster Zukunft werden von Kurzarbeit, die beim AMS bisher 54,91 Millionen Euro an Vorbelastungen verursacht hat, bald 30.000 Menschen betroffen sein. Auf Schätzungen, wie viele es bis Jahresende sein könnten, will sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer, seit Sonntag auch Arbeitsminister, angesichts der Krise gar nicht einlassen. "Wenn es 50.000 werden, ist es mir auch recht", sagte Hundstorfer, Hauptsache, die Arbeitslosigkeit lasse sich damit eindämmen. Je länger Menschen in Erwerbsarbeit gehalten würden, desto besser, schließlich koste ein Arbeitsloser gleich viel wie drei Kurzarbeiter.

Ähnlich sieht es auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Er ist zwar nur mehr für die betriebliche Arbeitsmarktförderung zuständig, will sich aber "nicht zurücklehnen, denn die Probleme sind ernsthafter Natur". Der ehemalige Sozialpartner (er war Wirtschaftskammer-Vize-General) ist überzeugt, dass Österreichs Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit mit Maßnahmen wie Kurzarbeit, Arbeitsstiftungen für Leiharbeiter bei gleichzeitiger Aus- und Weiterbildung steigern kann und so "nach Aussitzen der Krise" aus einer starken Position starten werde können.

Bei Bedarf von 12.000 auf 15.000 Lehrplätze aufstocken wollen die Minister die überbetrieblichen Ausbildungsplätze für Jugendliche. Das sei wichtig, weil angelernte und schlecht qualifizierte Beschäftigte als erstes gekündigt würden, die Hälfte der Arbeitslosen habe nur Pflichtschulabschluss, aber keinen Lehrabschluss. Derzeit seien noch 2000 Lehrplätze frei.

Jugendliche und Männer

Hintergrund: Jugendliche und Männer sind von Arbeitslosigkeit am meisten betroffen. Die Zahl der Jugendlichen (15 bis 24 Jahre) ohne Arbeitsplatz stieg um 8987 auf 48.307. Während die Frauenarbeitslosigkeit vergleichsweise moderat um 6,2 Prozent auf 102.570 anstieg, haben im Jahresvergleich 26.811 Männer ihre Anstellung verloren. Insgesamt waren 198.959 Männer arbeitslos gemeldet. Das liegt auch am Wetter: Nach zwei milden Wintern steht die Baubranche heuer wieder.

Offene Stellen gab es um 7214 weniger, die Beschäftigung dürfte aber noch schwach (um 0,3 Prozent auf 3,343 Millionen), gewachsen sein. Die Arbeitslosenquote stieg von 7,5 auf 8,3 Prozent (nationale Berechnung) und 3,9 Prozent nach EU-Berechnung. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2009)