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Leipzig - Das zur Fastenzeit propagierte Heilfasten sei "mittelalterlicher Hokuspokus" und unseriös. Davon ist der Magen-Darm-Experte Volker Keim vom Leipziger Universitätsklinikum überzeugt. "Da werden Versprechen gemacht, die Augenwischerei sind", sagte der Gastroenterologe am Freitag. "Klar ist das ein gutes Gefühl, wenn die Wampe erst spannt und dann der Bauch wieder in die Hose passt", sagte der Arzt. Medizinisch sei der kurzfristige Erfolg aber höchst bedenklich.

"Alles Quatsch"

"Es wird immer vom Entschlacken gesprochen", sagte Keim. Mit dem Heilfasten sollten Schadstoffe ausgeschieden und der Körper quasi entgiftet werden. Versprochen werde eine schönere Haut, festeres Bindegewebe und eine größere Widerstandskraft.

"Alles Quatsch", sagte der Mediziner. Die einzigen medizinischen Schlacken seien Steine, wie beispielsweise Gallensteine oder Harnsäuresteine, infolge von zu fettem Essen. "Alles andere sind geistige Schlacken, die ich aber nicht durch Fasten wegbekomme", sagte der Magen-Darm-Experte.

Neue Probleme

Wer das ganze Jahr maßlos lebe und reichlich Fett, Süßigkeiten sowie zu viel Alkohol zu sich nehme und viel rauche, der empfinde das Kasteien sicherlich als gut. "Frei nach dem Denken der katholischen Kirche: Es gibt eine Phase, wo gesündigt werden darf und eine Phase, wo es zu bereuen gilt." Aus medizinischer Sicht dürfe man aber nicht erwarten, dass über Jahre angehäufte Probleme sich dadurch lösten.

Im Gegenteil: Durch die Radikalkur kämen eher neue hinzu. So können Gallenblasensteine entstehen, weil der Darm zu lange ruht, die Galle dadurch nicht mehr zum Einsatz kommt und sich die Gallensalze verdicken. Oder es kommt zur Schädigungen des Darms. Durchfall kann eine Folge sein. "Zu dem kommt es in der Regel auch, wenn sich der Körper nach dem extremen Fasten wieder an Nahrung gewöhnen muss", sagte Keim.

Auf jeden Fall trinken!

Lebensbedrohlich sei das so genannte trockene Heilfasten, bei dem auch keine Flüssigkeit aufgenommen wird. "Und für Kinder und Jugendliche ist das extreme Fasten generell tabu."

Die oft beschriebenen Glücksgefühle beim Fasten sind für den Mediziner jedoch nachvollziehbar und biologisch wie psychologisch erklärbar. "Beim Verzicht fühlt sich der Mensch tapfer und stark, es werden Glückshormone ausgeschüttet", sagte Keim. "Die Fastenzeit als Anlass für eine dauerhafte Änderung des Essverhaltens zu nehmen, ist sehr wohl sinnvoll, einmalige und damit unsinnige Gewaltkuren, sind jedoch sehr bedenklich, da sie ohne Langzeiteffekt sind." (APA/dpa)