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Bewohner der Mittelmeerinsel Lampedusa demonstrieren gegen den Plan, weitere Flüchtlinge aus Afrika aufnehmen zu müssen - Doch der Kampfgeist der Insulaner scheint langsam zu versiegen

APA/EPA/Flavio lo Scalzo

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa halten die Proteste der Bevölkerung gegen die Errichtung eines neuen Flüchtlingslagers an. Wegen eines Generalstreiks waren Geschäfte und Ämter am Dienstag geschlossen, rund 2000 Inselbewohner protestierten mit Transparenten und Sprechchören lautstark gegen Innenminister Roberto Maroni. Maroni, so der Tenor der Demonstranten, degradiere Lampedusa zu einem "Freiluftgefängnis". 500 Polizisten überwachten die friedlich verlaufene Kundgebung und riegelten das Auffanglager hermetisch ab, in dem sich mehr als 1000 Migranten aufhalten.

Doch der Kampfgeist der Bevölkerung scheint allmählich zu versiegen. Die Weigerung einheimischer Unternehmen, am Bau eines zweiten, neuen Flüchtlingslagers mitzuwirken, fruchtete nichts: Misstrauisch beobachten die Bewohner der für Bootsflüchtlinge strategisch günstig zwischen Tunesien und Italien gelegenen Insel, wie derzeit Baumaschinen und Container aus Schiffen und Militärflugzeugen entladen werden.

Die Bevölkerung ist jedoch uneinig: Der Bürgermeister kündigt eine Klage gegen den Innenminister an, der Ortspfarrer appelliert an den Papst, die Gewerkschaften laden Juristen ein, um eine Klage an den europäischen Gerichtshof vorzubereiten.

Gute Geschäfte

Andererseits machen Hoteliers und Restaurants mit den nach Lampedusa entsandten Polizeibeamten ein respektables Geschäft.

Innenminister Maroni versuchte indessen, in Tunis eine Abschiebung jener über 1000 Tunesier zu erreichen, die sich noch im ersten Lager aufhalten.

Für die Erneuerung des abgelaufenen Rücknahmeabkommens fordert die tunesische Regierung allerdings konkrete Gegenleistungen. Bisher musste Rom dem nordafrikanischen Land Fregatten für die Küstenwache, finanzielle Hilfen und Einreisevisa für Saisonarbeiter zur Verfügung stellen. Mit Ländern wie Eritrea, Somalia, Nigeria und Ghana, aus denen die meisten Flüchtlinge nach Lampedusa kommen, bestehen jedoch Abkommen. Der "Freundschaftsvertrag" mit Libyen soll noch in dieser Woche vom römischen Senat ratifiziert werden. Dann - so hofft Maroni - können die gemeinsamen Patrouillenfahrten vor der Küste beginnen.

Auch für die geplagten Bewohner der überfüllten Insel hält der Innenminister ein üppiges Geschenkpaket bereit: Lange geforderte öffentlichen Bauten, eine direkte Flugverbindung nach Rom und verbilligter Treibstoff für Fischer sollen die aufgebrachten Insulaner besänftigen. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD,  Printausgabe, 28.1.2009)