Den Doktorhut herumreichen für ein bisschen Kleingeld: Viele junge Wissenschafter sind vom Forschungsland Österreich enttäuscht.

Illustration: Michaela Köck

Stefanie März, Natascha Vittorelli, Stefan Schmid und Peter Mayr (von links) sind vier von 93 Jungforschern, die ein Stipendium der Akademie der Wissenschaften ergatterten.

Fotos: DER STANDARD/Corn

"Ohne das Stipendium hätte ich aufgehört", sagt Stefanie März. "Es wäre mir alles zu viel geworden." Die 25-jährige Biotechnologin ist eine von 27 Doktorandinnen aus dem Bereich Naturwissenschaften und Medizin, die vergangenen Freitag eine zweijährige Förderung aus dem Programm DOC-fFORTE der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) verliehen bekam - 30.000 Euro brutto pro Jahr.

März forscht bereits seit einem Jahr an der Fundan University in Schanghai, wo sie versucht, anhand von Zellexperimenten jene Wirkstoffe aus dem Ginkgo-biloba-Baum zu extrahieren, die Herzinfarkte verhindern können - und somit ein altbekanntes Mittel der traditionellen chinesischen Medizin pharmazeutisch nutzbar zu machen. "Ich habe versucht, nebenbei Deutsch zu unterrichten, aber es war einfach zu stressig", schildert März, die vor fast drei Jahren im Zuge eines Praxissemesters der FH Krems zum ersten Mal nach China kam und dort ihren nunmehrigen Mann kennengelernt hat. "Hätte ich das Stipendium nicht bekommen, wären wir zurück nach Europa gegangen. Es hat also mein Leben total verändert", ist März mehr als erleichtert.

Zwar nicht existenziell, aber doch "motivierend" ist das DOC-Stipendium für den Quantenphysiker Stefan Schmid (26), der vor zwei Jahren begonnen hat, am Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck am Aufbau einer Apparatur zu arbeiten, mit der er die Bildung von mesoskopischen Ionen (einzelne Ionen in einer Wolke von neutralen Atomen) bei extrem kalten Temperaturen beobachten will. Die Finanzkrise und dadurch drohende drastische Budgetkürzungen für Unis und Forschungsförderung hätten in den letzten Wochen für "Endzeitstimmung" unter Wissenschaftern gesorgt, berichtet Schmid.

Wissenschaft unattraktiver

"Der Gedanke an eine wissenschaftliche Karriere ist unattraktiver geworden", beschreibt Schmid die Auswirkungen der Krise auf Jungforscher. "Viele Kollegen, die wissenschaftlich tätig sein wollten, haben sich anders entschlossen, weil es mit den Forschungsgeldern schnell vorbei sein kann."

"Es herrscht große Unsicherheit vor", weiß auch Barbara Haberl von der ÖAW-Verwaltungsstelle für Stipendien. Da die Budgetsituation der Akademie nach wie vor ungeklärt ist - im Raum steht eine 30-prozentige Kürzung -, ist die künftige Dotierung der beiden größten Stipendienprogramme DOC für Doktoranden und APART für Habilitationsanwärter noch offen. Haberl hofft auf die gleiche Summe wie im Vorjahr in Höhe von 4,2 Millionen Euro. Fix sind aber nur die Mittel für die Ausschreibung der Programme DOC-fFORTE und DOC-team.

Die derzeit arbeitslose Historikerin Natascha Vittorelli (35), die eines von elf APART-Stipendien ergatterte, hatte schon bisher "großes Glück": Das Doktorat wurde ihr finanziert ebenso wie ein Projekt im Rahmen eines FWF-Stipendiums. Jetzt freut sie sich darauf, sich in den nächsten drei Jahren ganz auf ihre Arbeit, nämlich die Darstellung von Partisaninnen im sozialistischen Jugoslawien von 1945 bis 1991, konzentrieren zu können. Neben der finanziellen Absicherung findet sie es "ganz wichtig, dass eine geisteswissenschaftliche Arbeit mit feministischem Hintergrund" gefördert wird.

Eingeschränkte Möglichkeiten

"Durch die gegenwärtigen Finanzierungsschwierigkeiten beim FWF sind besonders für Geisteswissenschafter die Möglichkeiten massiv eingeschränkt", erläutert Haberl. Bei den ÖAW-Stipendiaten hielten sich Natur- und Geisteswisschafter aber in etwa die Waage. Gesichert sind bislang privat finanzierte Programme wie das Max-Kade-Stipendium für Forschungsarbeiten in den USA.

Eines davon konnte sich Peter Mayr sichern, der am Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien mithilfe eines Teilchenbeschleunigers Stähle auf ihre Belastbarkeit prüfen wird - eine willkommene Chance für den 32-jährigen Assistenten an der TU Graz, "wo die Forschung manchmal zu kurz kommt". Auch wenn es nach wie vor für Absolventen technischer Studien "verlockende Angebote" aus der Industrie gebe, sei es für Forscher schwieriger geworden: "Die Unis vergeben nur noch befristete Verträge und auch die Firmen gehen sehr zögerlich mit Geld für Forschung um."

Insgesamt 93 Nachwuchswissenschafter kommen heuer in Genuss eines ÖAW-Stipendiums - etwa ein Viertel der Bewerber. Gefördert werden sie mit insgesamt acht Millionen Euro. Eine Evaluierung hat ergeben, dass es sich auszahlt: 87 Prozent der ehemaligen DOC-Stipendiaten haben promoviert, und 72 Prozent der APART-Geförderten sind habilitiert. (Karin Krichmayr/DER STANDARD, Printausgabe, 28.01.2009)