Oft bleiben Ausländer auch dann Ausländer, wenn sie österreichische Staatsbürger werden. Außenseiter nämlich. Die manchmal schlecht Deutsch können, sich nicht integrieren wollen, sich nicht integrieren können, nicht integriert werden. Die sich bewusst abgrenzen oder ausgegrenzt werden. Studien gibt es dazu viele, ebenso wie die teils diskriminierenden Schlagzeilen. Aber "den Ausländer" gibt es nicht. Und entsprechend schwierig ist die (politische) Debatte darüber zu führen.

Der deutsche Zuwanderer stört ja nicht, der fällt fast gar nicht auf. Überhaupt sind Bürger aus EU-Staaten unauffällig. Wo die Debatten losgehen: bei Menschen aus der Türkei. Oder aus Serbien. Aus Bosnien-Herzegowina. Das sind die drei Herkunftsländer, deren Bürger am häufigsten Österreicher werden. Oder auch nur die Staatsbürgerschaft annehmen. Und da reden wir noch gar nicht von Tschetschenen. Oder Nigerianern. Sie wissen schon ... Einbrechen, Drogen und so.

Die Debatte lässt sich nicht führen, ohne dass man auch auf Vorurteile gestoßen wird und sich mit ihnen auseinandersetzen muss. Aber ja, es gibt sie, die kriminellen Ausländer. Asylmissbrauch? Keine Frage. Wenn man das akzeptiert, wird die Debatte einfacher, weil ehrlicher, und kürzer, weil überschaubarer: Kriminalität ist in diesem Zusammenhang ein Randphänomen.

Die Zahl der Ausländer geht in den vergangenen Jahren beständig zurück. Es sinkt - entgegen dem europäischen Trend - die Zahl der Zuwanderungen, die Zahl der Einbürgerungen, die Zahl der Asylwerber, die Zahl jener, die tatsächlich Asyl gewährt bekommen. Offensichtlich ist es Österreich gelungen, sich in den letzten Jahren so darzustellen, dass man nicht unbedingt herkommen möchte.

Jetzt macht sich die Bundesregierung auf die Suche nach dem Ausländer. Nach dem idealen Ausländer. Sie will ihn gezielt auswählen, es soll nicht jeder kommen, der glaubt. Gescheit und (aus)gebildet soll er sein. Nicht kriminell, selbstverständlich. Dafür "selbsterhaltungsfähig" - er soll nichts brauchen. Und er soll gut Deutsch sprechen, noch bevor er herkommt. Oder sie. Aber ohne Familie. Weil auf die ist in Österreich niemand neugierig.

Der Bundesregierung kann man nur wünschen: viel Glück. Diese rare Spezies an gut ausgebildeten und mobilitätsfreudigen Menschen ist längst anderswo angekommen. Wo man sich um sie bemüht hat, wo es die guten Jobs und eine anständige Bezahlung gibt, wo man nicht so demütig sein muss, sondern gebraucht und geschätzt wird.

Österreich ist viele Jahre hintennach, seine Zuwanderung endlich zu ordnen. Mit zugedrückten Augen hat man es in der Vergangenheit hingenommen, dass Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen, in Asylverfahren hineingezwungen werden, weil es sonst keine Möglichkeit auf legalen Aufenthalt gab. Die 8000 Plätze in der Niederlassungsverordnung stehen in keinem Zusammenhang zur tatsächlich stattfindenden Zuwanderung - und zu den jährlichen Einbürgerungen, die weit darüber liegen.

Natürlich macht es Sinn, sich der Zuwanderung unter Kriterien der Wirtschaftlichkeit zu nähern: Wen braucht das Sozialgefüge, wen braucht die Wirtschaft - und wer würde kommen? Zuwanderung ausschließlich unter wirtschaftlichen Aspekten zu betrachten und nur dem Diktat des Marktes zu unterwerfen, wird aber nicht funktionieren, weil das hieße, die Realität zu verweigern. Migration hat in einem hohen Ausmaß auch mit sozialem Druck zu tun. Wenn die Regierung diesen Aspekt ausblendet und die entsprechenden Fachleute aus der Debatte ausschließt, wird sie an einer Ordnung der Zuwanderung scheitern - wie auch an der Integration jener, die bereits da sind. (Michael Völker/DER STANDARD Printausgabe, 28. Jänner 2009)