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Arsène Wenger ging es um pädagogischen Mehrwert. Also sprach der Guru von Nordlondon: "Wir müssen nun zeigen, dass wir die Mentalität haben, Titel zu gewinnen. Und diese mentale Qualität heißt Beständigkeit. Dieses Match ist mehr als ein Pokalspiel. Es ist eine Möglichkeit zu zeigen, dass wir in jeder unserer Partien dazu in der Lage sind." Konkret hieß das: Cardiff City ist gefälligst in der vierten Runde aus dem FA-Cup zu entfernen. Das aber ist kein Kinderspiel.

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Denn der Clwb Pêl-droed Dinas Caerdydd (zu Deutsch: Cardiff City Football Club) ist nicht irgendjemand. Als einer der wenigen walisischen Klub in das Liga-System des Nachbarn integriert, gelang es Cardiff zum ersten (und bisher einzigen) Mal, den berühmten FA-Pokal aus England zu entführen. Dieses unerhörte Ereignis begab sich 1927, und der Finalgegner hieß – richtig: Arsenal. Cardiff zählte in den 1920er Jahren zu den stärksten britischen Teams, 1924 beendete man die alte Fist Division als Zweiter hinter Huddersfield. Erst 2008 standen die Bluebirds zuletzt im Endspiel, unterlagen jedoch Portsmouth 0:1.

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Außerdem gab's den Heimvorteil im mit 20.000 vollgepackten Ninian Park, wobei die Cardiff-Anhänger als durchaus begeisterungsfähig gelten. Der Klub musste im Vorfeld mehrmals darauf verweisen, dass mitnichten ins pompöse Millennium Stadium umgezogen, sondern dem alten engen Park der Vorzug gegeben wird. Somit umwehte das Ereignis auch der Hauch der Geschichte, könnte doch die Partie gegen die Londoner das letzt Cup-Match in seinen bröselnden Mauern gewesen sein.

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Nach 90 Jahren wird Cardiff noch heuer seine einst auf dem Gelände einer Mülldeponie errichtete Heimstatt verlassen und in einen Neubau umziehen. Freudvolle Momente gäbe es zu erinnern: Etwa eine von Papst Johannes Paul II zelebrierte Jugendmesse anno domini 1982, oder – in diesem Forum vielleicht passender – jener Tag im Jahr 1972, als City Real Madrid geschlagen hat. Ein 1:0 war's, im Viertelfinale des Pokalsiegerbewerbs. Das hernach im Bernabeu ein 0:2 folgte – egal. Die höchste Zuschauerzahl bei einem Cardiff-Match sah der Park 1953. 57.893 waren vor Ort, der Gegner hieß – richtig: Arsenal.

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Auch Trauriges gäbe es zu sagen, so spielt eben das Leben. Hans-Hubert Vogts hat damit eigentlich gar nichts zu tun. Er stand nur da, im Ninian Park, vor ein paar Jahren, und füllte das Amt des schottischen Teamchefs aus. Relevant ist die Bank hinter ihm, denn auf jener erlitt der legendäre schottische Trainer Jock Stein 1985 einen Herzinfarkt und verstarb wenig später.

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Doch zurück zum Sonntag. Da kämpfte Cardiff brav und startete sogar besser als die Gunners. Joe Ledley und Paul Parry hätten da den Außenseiter in Führung bringen können. Es dauerte eine Zeit, ehe der zehnfache Cupsieger die Kontrolle gewann und zum üblichen verschwenderischen Umgang mit Torchancen übergehen konnte.

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Emmanuel Adebayor, zur Halbzeit in die nicht ganz in Bestbesetzung formierte Elf gekommen, erwies sich hierbei als besonders überzeugend. Der Togolese kam an eine unvergebbar scheinende Vorlage von Robin van Persie nicht heran. Wenger, der noch nie ein Cupspiel gegen einen unterklassigen Gegner verloren hat, musste weiterhin ohne Cesc Fábregas, Tomas Rosicky und Theo ­Walcott  auskommen. Seine Rotationsoptionen hielten sich insofern in Grenzen.

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Beinahe hätte das Team von Manager Dave Jones solches Verhalten sanktioniert, als ein Freistoß von Ross McCormack drei Minuten vor Schluss die Latte streifte. Etwas Ärger gab es auch, als nämlich Ledley im Finish mit dem Ball Richtung Cornerfahne zuckelte, anstatt eine späte Entscheidung anzustreben. Das fand so mancher Cardiff-Anhänger buhenswert und Wenger schmallippte, das sei der Beweis für Citys absoluten Willen zum Wiederholungsspiel. Denn genau dazu kommt es nun in Arsenals Emirates Stadium. Das habe man angesichts des vollen Terminkalenders hundertprozentig nicht gebraucht, mäkelte Wenger weiter.

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Noch viel schlechter dran ist da allerdings der Kollege Huub Stevens. Womit die Ligalage ihrem Namen endlich genüge tut und in den Meisterschaftsbetrieb zurückkehrt. Den niederländischen genau genommen, in dem PSV Eindhoven am Samstag schon wieder nicht gewonnen hat. Wie lange Stevens beim Serien-Champion die Puppen noch tanzen lassen darf, ist nach dem 2:2 gegen NAC Breda unsicherer denn je zuvor. Denn nun wurden erstmals auch die Anhänger aktiv. Sie forderten in Sprechchören den Rücktritt des Trainers, der im Begriff ist, mit der Glühbirnentruppe die schwächste Saison seit Menschengedenken hinzulegen.

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Nur zweimal war die PSV im nun immerhin schon acht Jahre währenden 21. Jahrhundert nicht Meister geworden, da ist ein popeliger fünfter Platz wie derzeit belegt, natürlich mehr als supoptimal. Sollte Stevens ("'Meine Spieler haben gekämpft und den 1:2 Rückstand aufgeholt") gehen müssen, wäre er nach Feyenoords Gert Jan Verbeek bereits der zweite Übungsleiter eines niederländischen Großklubs, der das Ende der Saison nicht auf seiner Bank erlebt.

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Unbefleckte Freude zum Abschluss, das wärs jetzt. Doch leider reicht es nur zu Bittersüßem. Da ist Raúl González Blanco kurz davor, den legendären Alfredo di Stefano zu ereilen, auf dessen Real-Rekord von 307 Pflichtspieltoren ihm nach dem 1:0-Siegesgol gegen La Coruna nur noch ein Trefferchen fehlt. Da legt man unter Juande Ramos eine Serie von fünf Siegen hintereinander hin. Und kommt in der Primera Division doch nicht näher an das makkellose Barcelona heran. Und muss stattdessen Häme über sich ausgegossen sehen: "Sich ein Spiel von Real Madrid anzusehen, ist ungefähr so, als müsste man mit der Schwiegermutter und den Kindern im Auto durch ganz Spanien von Bilbao nach Cadiz fahren", hieß es da etwa. Die Welt ist ungerecht. (Michael Robausch - derStandard.at, 26.1. 2009)

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