Ljubljana/Wien - Ungeachtet des Grenzkonflikts zwischen beiden Staaten unterstützt eine große Mehrheit der Slowenen den EU-Beitritt Kroatiens. Dies ergab eine am Montag von der Laibacher Tageszeitung "Dnevnik" veröffentlichte Umfrage. Demnach sind 63,4 Prozent der Slowenen für einen EU-Beitritt des südlichen Nachbarlands, 71,1 Prozent sprachen sich gegen ein Referendum über diese Frage aus. Auch eine Umfrage der Tageszeitung "Delo" (Montagsausgabe) ergab eine Mehrheit von 53,6 zu 42,6 Prozent für den EU-Beitritt Kroatiens.

Deutliche Differenzen gibt es in den Umfragen, was die Einschätzung der slowenischen Politik gegenüber Kroatien betrifft. In der "Dnevnik"-Befragung sprachen sich lediglich 34,1 Prozent dafür aus, dass Slowenien an seinem Veto gegen den EU-Beitritt Kroatiens festhalten und alle Mittel im Grenzstreit ausschöpfen solle, laut "Delo" forderten dagegen 53,3 Prozent ein noch schärferes Vorgehen der slowenischen Regierung. 36,3 Prozent gaben an, dass Ljubljana bei seiner bisherigen Politik bleiben solle, nur 7,6 Prozent präferierten eine nachgiebigere Haltung.

Slowenen kompromissbereit

Laut "Dnevnik" ist eine Mehrheit der Slowenen für mehr Kompromissbereitschaft im Grenzkonflikt. 20,8 Prozent präferieren eine Wiederbelebung des im Jahr 2001 von den damaligen Regierungschefs Janez Drnovsek und Ivica Racan ausverhandelten Grenzvertrags, 18,6 Prozent wollen neue bilaterale Verhandlungen und 17,6 Prozent einen internationalen Schiedsspruch im Grenzkonflikt. Eine knappe Mehrheit (50,1 Prozent) gab der kroatischen Seite die Schuld an der jüngsten Verschlechterung der Beziehungen, 44 Prozent machte beide Staaten verantwortlich und 3,4 Prozent Slowenien.

Slowenien hatte Mitte Dezember ein Veto gegen zehn der 35 Verhandlungskapiteln in den EU-Beitrittsgesprächen Kroatiens eingelegt. Zagreb soll nämlich auf EU-Ebene Landkarten vorgelegt haben, die den seit 1991 umstrittenen slowenisch-kroatischen Grenzverlauf zu seinen Gunsten präjudizieren. Da sich der Konflikt in den vergangenen Wochen immer mehr hochgeschaukelt hat und sich die Regierungschefs Borut Pahor und Ivo Sanader nicht einmal auf ein Treffen verständigen konnten, schlug die EU-Kommission vorige Woche die Einsetzung eines dreiköpfigen Weisenrats unter Leitung von Friedensnobelpreisträger Martti Ahtisaari vor, der den Streit schlichten soll.

Die slowenische Regierung hatte ihr Veto gegen Kroatien unter anderem mit einem drohenden Referendum über den EU-Beitritt Kroatiens begründet. Eine solche Volksabstimmung kann in Slowenien schon mit 40.000 Unterschriften erzwungen werden. "Das Referendum ist keine Drohung, sondern ein Faktum. Doch wenn die Grenzfrage gelöst wird, dann müssen wir vor einem Referendum keine Angst haben", sagte Außenminister Samuel Zbogar kürzlich. Die nationalistische Slowenische Nationalpartei (SNS) hat schon mehrmals angekündigt, ein Referendum über den Kroatien-Beitritt beantragen zu wollen. SNS-Chef Zmago Jelincic kündigte vorige Woche auch eine Volksabstimmung über den kroatischen NATO-Beitritt an, dessen Ratifizierung am Donnerstag im Laibacher Parlament ansteht.

"Dnevnik" hatte 700 repräsentativ ausgewählte Slowenen vom 20. bis 22. Jänner befragen lassen, an der "Delo"-Umfrage beteiligten sich 300 Personen vom 21. bis 22. Jänner. In der ersten Jänner-Hälfte hatte eine Erhebung der Agentur Mediana für die kroatische Wochenzeitung "Globus" eine mehrheitliche Ablehnung des EU-Beitritts Kroatiens in Slowenien ergeben. 47,5 Prozent der Befragten gaben an, bei einem Referendum gegen den EU-Beitritt Kroatiens stimmen zu wollen, 36,8 Prozent wollten mit Ja votieren. (APA)