Gaza/Madrid/Wien - Während der 23-tägigen israelischen Offensive im Gazastreifen haben die verfeindeten Palästinenser-Fraktionen Hamas und Fatah inmitten des Chaos offene Rechnungen beglichen. "Ein äußert schmutziger Krieg", schrieb der Korrespondent der spanischen Tageszeitung "El Pais" in einem am Freitag veröffentlichten Online-Bericht. Revanche, politische Divergenzen, Hass und persönliche Interessen hätten dabei ebenso eine Rolle gespielt wie "niedrigste Instinkte".

Während palästinensische Kämpfer Raketen auf Israel abfeuerten, lieferten Dutzende Kollaborateure den israelischen Streitkräften Informationen. Die Antwort der Hamas sei brutal und heftig gewesen. Mehr als hundert "Verräter" seien hingerichtet worden, berichtete "El Pais".

Freude über Luftangriffe

Am 1. Jänner, dem Jahrestag der Gründung der Al-Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas (Abu Mazen), gingen Hunderte von deren Anhängern auf die Straße und verteilten als Zeichen ihrer Freude über die israelischen Luftangriffe Süßigkeiten.

Laut dem Wirtschaftsprofessor Masleh Reqab aus Khan Yunis riefen Fatah-Mitglieder aus dem ägyptischen Exil ihre Familien an und erklärten, sie würden in einigen Tagen nach Gaza zurückkehren. Sie hätten nicht damit gerechnet, dass die Hamas den heftigen israelischen Angriffen standhalten könne.

Schüsse auf Hamas-Kämpfer

In einigen Vierteln von Gaza versuchten Fatah-Anhänger, mit Waffengewalt die Straßen zu erobern. Ihnen stellten sich nicht-uniformierte Hamas-Polizisten entgegen. Sie gingen auch gegen Plünderer vor, die in die von israelischen Bomben zerstörten Geschäfte eindringen wollten.

Personen, die der Kollaboration mit Israel oder der Fatah beschuldigt wurden, konnten keinen Pardon erwarten. Die Hamas-Milizen exekutierten mehr als 100, zahlreiche andere wurden eingesperrt, berichtete eine anonyme Quelle in Gaza. Einige der Kollaborateure hätten aus der Menge auf Hamas-Kämpfer geschossen. Sie seien umgehend hingerichtet worden.

Ehab al-Ghosein, Sprecher des Hamas-Innenministeriums, wollte diese Angaben weder bestätigen noch dementieren. "Wir haben viele Leute wegen Kollaboration mit Israel eingesperrt", sagte er. Es sei aber illegal, sie zu töten. In diesen "chaotischen Tagen" seien jedoch einige Dinge passiert, räumte der Sprecher ein. Er verwies zudem auf den Tod von Innenminister Saeed Seyyam, der vermutlich Opfer der Kollaboration mit Israel geworden sei. (APA)