Auch sie komponiert: Gladys Krenek.

 

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Neue Heimat Los Angeles: 1964 saß Ernst Krenek seiner ersten Frau, Anna Mahler, der Tochter von Gustav Mahler, mit der er in den 20er-Jahren verheiratet gewesen war, Modell.

Foto: Krenek Privatstiftung Krems

Dass die Werke ihres Mannes derart selten gespielt werden, enttäuscht sie.

 

Wien - Wenn sich auf dem Schubertring in diesen Tagen ein paar Sonnenstrahlen verirren, dann vergleicht Gladys Nordenstrom-Krenek charmanterweise Wien gleich mit Kalifornien. In ihrem Haus in Palm Springs, einem Wüstenstädtchen nordöstlich von Los Angeles, ist es freilich wärmer.

Dort lebt sie, seit sie es mit ihrem Mann 1967 bezogen hat. Nach Ernst Kreneks Tod im Dezember 1991 haben sich die Räume zwar einigermaßen geleert. Denn sie hat den Nachlass der nach ihm benannten und 2004 auf ihre Initiative gegründeten Stiftung in Krems überlassen. Und nach ihrem Tod wird auch das Haus in deren Besitz übergehen.

Nun hat sie die bevorstehende Volksopernpremiere von Ernst Kreneks Opernsatire Kehraus um St. Stephan wieder nach Wien geführt. Sie hat natürlich auch die Aufführungen bei den koproduzierenden Bregenzer Festspielen schon gesehen und auch jene in Luzern. Und sie kann sich, nach den Eindrücken, die diese Produktionen auf sie machten, keinen besseren Regisseur vorstellen als Michael Scheidl.

Dass Gladys Krenek selbst Komponistin ist - schließlich war sie in den späten 1940er-Jahren seine Kompositionschülerin - scheint angesichts des Einsatzes für Ernst Kreneks Werk keine Rolle zu spielen. Nach wie vor versucht sie einen Text ihres Gatten zu vertonen. Er heißt The Neighbours.

Doch nach bewährter Witwenart spinnt sie mit diskreter Beharrlichkeit ihre Fäden und meint richtigerweise, dass das Interesse an einem Werk nicht befohlen werden kann, sondern wie von selber entstehen muss. Dazu muss man ein Werk natürlich kennen. Und soweit das Österreich betrifft, ist Gladys Krenek trotz der jüngeren Initiativen in Bregenz und in Wien ziemlich unzufrieden. Zum 100. Geburtstag (er war am 23. August 2000) ist weder in Salzburg noch in Wien Nennenswertes passiert. "Ernst Krenek war doch ein Österreicher. Wo sonst als in Österreich ist sein Platz?"

Im Jahr 2002 hat sich die Staatsoper zu Jonny spielt auf aufgerafft. Da kann die Witwe nur bitter lachen: "Ernst Krenek hat 20 Opern geschrieben, aber es fällt einem jeden immer nur Jonny spielt auf ein." Welche Krenek-Oper ihrer Meinung nach gespielt werden sollte? "Ich würde sagen Der Goldene Bock. Bei der Hamburger Uraufführung im Jahr 1964 hat so gut wie gar nichts funktioniert. Diese Oper wäre es wert, in einer intakten Produktion präsentiert zu werden. Es ist eine surreale Variante der Argonautensage mit Jason und Medea. Mit Flügen durch Raum und Zeit und einer schließlichen Landung im Südwesten Amerikas. Außerdem hat er ja zu allen seinen Opern auch die Texte selbst geschrieben."

Erst kürzlich hat James Conlon in New York Ernst Kreneks Operette Schwergewicht oder Die Ehre der Nation herausgebracht. Auf James Conlon setzt Gladys Krenek überhaupt große Hoffnungen. Placido Domingo hat ihn als Nachfolger von Kent Nagano im Jahr 2006 an die Oper von Los Angeles geholt. Dort plant Conlon eine Serie, die den Titel recovered voices (wiederentdeckte Stimmen) trägt. Unter "voices" sind allerdings nicht Stimmen von Sängern gemeint, sondern Komponisten, die während des Dritten Reiches zum Schweigen gebracht wurden.

In einer ersten Folge präsentierte Conlon Alexander Zemlinskys Oper Der Zwerg gemeinsam mit Viktor Ullmanns Zerbrochenem Krug. In Planung sind Werke von Ernst Schreker und Walter Braunfels. Und in dieser Serie würde sich, nach Meinung von Gladys Nordenstrom-Krenek, auch ein Werk ihres Mannes passen, zumal Conlon ja schon ganz ohne jede Nötigung ein szenisches Werk Kreneks in New York präsentiert hat.

Auch einen russischen Pianisten gibt es, der sich für Kreneks Werk einsetzt. Er hat in der Phoenix Edition eine CD herausgebracht, die ausschließlich dem - übrigens sehr reichhaltigen - Klavierwerk Ernst Kreneks gewidmet ist. Neben der 2. und 4. Sonate, die noch in Europa entstanden sind, bringt diese CD mit den George Washington Variations und den Echoes from Austria auch zwei Werke aus der späteren Schaffensphase des Komponisten. (Peter Vujica / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.1.2009)