Wien - Der verbale Schlagabtausch zwischen den Grünen und dem Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FPÖ) geht weiter. Am Donnerstag schrieb Graf in einem offenen Brief an den Grünen-Abgeordneten Alexander Van der Bellen, er "erlaube" sich, darauf aufmerksam zu machen, dass die deutsche Widerstandsgruppe rund um Graf von Stauffenberg "aus dem national-freiheitlichen ,burschenschaftlichen‘ Lager kamen. Diese Gruppe hätte, erinnerte Graf, ihr fehlgeschlagenes Attentat auf Hitler mit dem Leben bezahlt.
Graf wundert sich in dem Brief, warum Van der Bellen "im Schutze Ihrer absoluten beruflichen Immunität" bei der Nationalratssitzung am Mittwoch den Dritten Präsidenten gefragt habe: "Wie erklären Sie uns, den Abgeordneten dieses Hauses, dass unter den Mitarbeitern Ihres Büros der Hitlergruß ,Heil Hitler!‘ offenbar zu einer üblichen Begrüßungsformel gehört?" Dies sei, so Graf, "eine Lüge" .

Auch ein T-Shirt wie jenes, das Van der Bellen in der Nationalratssitzung hergezeigt hat - bedruckt mit einem Reichsadler und der Zahl 88, in rechtsradikalen Kreisen ein Code für "Heil Hitler" - hätten seine Mitarbeiter nie bestellt. Graf fordert Van der Bellen auf, diese "böswilligen Unterstellungen (...) zu unterlassen" . Graf will dagegen "gerichtlich vorgehen" .
Auf seiner Homepage verbreitet Graf unterdessen das "typische deutschnationale Geschichtsbild" , wie Brigitte Bailer-Galanda, Leiterin des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, konstatiert. Unter dem Titel "Leugnung des Genozides an den Sudetendeutschen?" ist dort in einem Gastbeitrag von dem "Völkermord an den über 3 Millionen ehemaligen Österreichern" in der ehemaligen Tschechoslowakei zu lesen. "Dass es bei der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei zu Exzessen gekommen ist, steht außer Zweifel - aber es war kein Völkermord" , meint dazu die Historikerin im Standard-Gespräch. Mit der Vertreibung von Deutschen werde in gewissen Kreisen "versucht, vieles aufzurechnen" . (hei, pm/DER STANDARD-Printausgabe, 23. Jänner 2009)