Der Vorarlberger Medien-Unternehmer Eugen A. Russ (Vorarlberger Medienhaus, "Vorarlberger Nachrichten") will sich mit dem Aufbau einer hauseigenen multimedialen Nachrichtenagentur "effizient positionieren" und für die zukünftigen Entwicklungen rüsten. "Jeder redet von 'Online first', gelebt wird das aber nicht", stellte Russ fest. "Da geht es auch gar nicht um die Konkurrenz mit anderen österreichischen Medienhäusern, unser Hauptfeind ist Google", befand der Verleger.

Russ: Schemata aus Tageszeitungen überholt

"Wir können uns gegenüber Google nur positionieren, wenn wir mehr Inhalt anbieten, produktiv sind und mit den neuesten Mitteln arbeiten", sagte Russ. Schemata aus den Tageszeitungen seien überholt, das reiche bis hin zum Journalistenkollektivvertrag mit seinen automatischen Verdienstsprüngen. "Mit diesen Mitteln hat man gegen Google keine Chance", zeigte sich Russ überzeugt.

Vertiefung in der Berichterstattung

Russ betonte insbesondere die beabsichtigte Vertiefung in der Berichterstattung. Schon vor 130 Jahren habe man in den USA festgestellt, "dass alles berichtet werden muss, was mehr als sechs Menschen betrifft". So seien die Zeitungen früher gestaltet worden, dahin müsse man als regionales Medienhaus auch wieder kommen. In der jüngeren Vergangenheit hätten sich die Regionalzeitungen als verkappte Welt-Zeitungen gegeben. "Diesen Dünkel wollen wir nicht haben. Wir sind ein regionales Medienhaus, das ist unsere Funktion. Deshalb gibt es uns", sagte der Chef des Vorarlberger Medienhauses.

Kein Sonntagsblatt

Die Frage, ob es in absehbarer Zeit eine Sonntags-"VN" geben wird, beantwortete Russ mit einem klaren "Nein". Das Vorarlberger Medienhaus habe den Vorteil, "dass wir sehr viele junge Leser haben". Man werde in nächster Zukunft zwar "keine dramatischen Zuwächse" haben, aber mit der Strukturveränderung zurechtkommen. "Ich habe langfristig keine Sorge um die gedruckte Zeitung. Sie wurde schon oft totgesagt", so der Verleger. Den Strukturveränderungen, die es geben werde, müsse man sich eben anpassen, "dann wird es uns gut gehen".

Mit der multimedialen VMH-Nachrichtenagentur sollen in Zukunft sowohl sämtliche Medien des Hauses bis nach Osteuropa als auch Fremdmedien bedient werden. Chef des Projekts ist Robert Thoma (44), früherer "Krone"-Journalist und noch bis 1. Februar Chefredakteur des VMH-Blatts "Neue Vorarlberger Tageszeitung". Thoma sei ein kreativer Kopf und habe bei der "Neuen" gezeigt, dass er nicht nur Konzepte entwerfen, sondern sie auch umsetzen könne. "Die 'Neue' hat über Jahre Geld verloren, Thoma hat das umgedreht. Er hat bei der 'Neuen' eine sensationelle Leistung gezeigt", begründete Russ seine Personalentscheidung. (APA)