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Der frühere UÇK-Kommandeur Sulejman Selimi (links) ist der erste Befehlshaber der kosovarischen Streitkräfte.

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Seit Mittwoch hat der Kosovo eine eigene Armee. Die "Sicherheitskräfte" , wie sie offiziell heißen, zählen 2500 aktive Soldaten und 800 Reservisten. Sie sind mit Handfeuerwaffen ausgerüstet, die sie nur bei direkter Lebensgefahr verwenden dürfen. Die kosovarischen Sicherheitskräfte werden von britischen Armeeoffizieren ausgebildet, die Uniformen kommen aus den USA und die Fahrzeuge aus Deutschland. Die Sicherheitskräfte sind dem im Vorjahr gegründeten Verteidigungsministerium untergeordnet und sollten mindestens zehn Prozent nicht-albanische Mitglieder aufnehmen. Erster Befehlshaber der "Kosovo-Armee" ist Sulejman Selimi, ehemaliger Kommandant der "Kosovo-Befreiungsarmee" (UÇK) und des am Dienstag formal aufgelösten Kosovo-Schutzkorps.

Die kosovarischen Sicherheitskräfte seien eine multiethnische, professionelle Truppe, die alle Standards der Nato erfülle, erklärte Premier Hashim Thaçi. Prishtina erwartet, dass die Sicherheitskräfte auch in dem von Serben bewohnten Norden des Kosovo eingesetzt werden. Neben der 7800 Mann starken Kosovo-Polizei, der internationalen Polizeitruppe CIVPOL, die der UNO unterstellt ist, der Polizei der EU-Mission Eulex und der internationalen Friedenstruppe Kfor sind die Sicherheitskräfte die fünfte bewaffnete Organisation im Kosovo.

Belgrad reagierte erwartungsgemäß scharf auf die Gründung der kosovarischen Sicherheitskräfte. Dies sei eine "illegale, paramilitärische Formation" , die Serbien als eine direkte Bedrohung der nationalen Sicherheit und der Stabilität der Region betrachte, erklärte der serbische Außenminister Vuk Jeremić. Er werde bei UNO und Nato offiziell Protest einlegen, weil die Gründung der Kosovo-Armee eine flagrante Verletzung der UNO-Resolution 1244 darstelle, die eigene Streitkräfte des Kosovo nicht vorsehe. Belgrad spricht von einer weiteren Provokation im "Pulverfass Kosovo" und fordert eine Demilitarisierung seiner Ex-Provinz. Für serbische Politiker im Nordkosovo sind die Sicherheitskräfte nichts anderes als "ein weiteres Instrument zur Einschüchterung der Serben" . Mitglieder der Kosovo-Armee seien die gleichen Leute, die als Kämpfer der UÇK verantwortlich für an Serben begangene Verbrechen und ethnische Säuberung seien.

Serbien bemüht sich indes um die Aufhebung der 1999 nach den Luftangriffen der Nato hergestellten, fünf Kilometer breiten Schutzzone entlang der Grenze mit dem Kosovo und der 25 Kilometer breiten Luftschutzzone, die von der Nato kontrolliert werden. Laut serbischen Medien habe sich Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer bereit erklärt, Gespräche über diesen Vorschlag der serbischen Regierung aufzunehmen. (Andrej Ivanji aus Belgrad, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2009)