Klaus Ferentschik: "Der Weltmaschinenroman", gebunden, 157 S., € 18,30, Matthes & Seitz Berlin 2008.

Coverfoto: Matthes & Seitz Berlin

"Und za wos?" lautete der qualtingereske Nachsatz des ersten Zeitungsartikels über Franz Gsellmanns Weltmaschine, deren 50-jähriges Jubiläum 2008 begangen wurde. Das in der Steiermark gebaute Unikum, dessen einziger Zweck es ist zu sein (gibt es einen schöneren?) wurde schon mehrfach zum Gegenstand dokumentarischer und literarischer Bearbeitungen - allen voran Gerhard Roths "Gsellmanns Weltmaschine". Das Jubiläumsjahr bildete den Anlass für eine neue Publikation: Der deutsche Autor Klaus Ferentschik versucht das Thema als biografischen Roman aufzuziehen, sitzt dabei aber irgendwie zwischen allen Stühlen.

Für Ferentschik, der sich unter anderem bereits mit der von Alfred Jarry in die Welt gerufenen Nonsense-Philosophie der ´Pataphysik befasst hat, war das Thema gewissermaßen aufg'legt: Ein jeden oder keinen Interpretationsversuch zulassendes Gebilde aus unzähligen beweglichen Teilen - darunter Hula-Hoop-Reifen und gläserne Madonnen, Küchengeräte und Spielzeug, eine Infrarotlampe aus einer Zahnarztpraxis und ein Orgelgebläse ... die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Sie dreht sich und bewegt sich, sie blinkt und pfeift - und bei ihrer ersten Inbetriebnahme sorgte die Weltmaschine in der gesamten Umgebung für einen Stromausfall. Und za wos? Eben. Perfekt, irgendwie.

Was gefunden wird ...

Ferentschik hält sich mit philosophischen Betrachtungen allerdings weitgehend zurück und schildert in schlichter Weise die Lebensgeschichte des Weltmaschinen-Konstrukteurs Franz Gsellmann, eines Landwirts mit vier Jahren Schulausbildung, der sich zwar stets für Technik interessierte, dies jedoch nie auf den gängigen Wegen in die Praxis umsetzen konnte. Was immerhin einige rührende Momente mit sich bringt: Etwa wenn beschrieben wird, wie Gsellmann 1958, nachdem er in der Zeitung ein Bild des Atomiums gesehen hat, spontan nach Brüssel fährt und sich dort alleingelassen mit seinem steirischen Dialekt bis zum Ziel seiner Träume durchschlägt. Oder wenn er später - aus Respekt vor der Maschine - nur in seinem feinsten Zwirn Alteisenhändler und Flohmärkte aufsucht, um neue Bestandteile zu beschaffen. Oder wenn eine komplette Monatspension dafür draufgeht, eine Spielzeug-Weltraumkapsel aus Japan zu importieren, die Gsellmann in der Hand eines Kindes gesehen hat.

Sprachlich gibt einem der "Weltmaschinenroman" allerdings einiges zu kauen: Schulmäßige Wortwiederholungsvermeidungen, die Kartoffeln zu "Erdfrüchten" mutieren lassen, ehe sie anschließend wieder Kartoffeln sein dürfen, sind ebenso unelegant wie gestelzte Formulierungen à la: Natürlich befiel den Uhrmacher beim Anblick des monströsen Apparates große Neugierde bezüglich der Funktion des Ganzen. Viel mehr kann die Weltmaschine selbst auch nicht holpern.

... und was fehlt

Vor allem aber vermisst man exakte Daten: Darstellungen der Maschine hätten sich angeboten, Quellenverweise und Namensnennungen. Zum Beispiel wenn Gsellmann mit zunehmender Popularität der Weltmaschine Besuch von Künstlern und Politikern erhält (darunter auch ein Regierungsrat, der der lange Zeit nur unter dem "Arbeitstitel" der Murks gelaufenen Weltmaschine ihren letztendlichen Namen gegeben haben soll). Natürlich, es ist ein Roman, und aus Gsellmanns Perspektive mag es sogar stimmig erscheinen, die ihm unbekannten Besucher von außen als namenlose Entitäten wahrzunehmen. Andererseits stellt die Biografie eine literarische Hybridform dar - und zumindest im Anhang hätte ein präzisierender dokumentarischer Teil nicht geschadet.

Marcel Reich-Ranicki sähe einmal mehr betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen - die Weltmaschine hat also wieder ihr Geheimnis erfolgreich gewahrt: Man hätte fast damit rechnen müssen. (Josefson)