Feierstimmung unter den Democrats Abroad im Lokal "The Rampant Lion": Viele Ex-pats in Wien sind nach dem Wahlsieg Obamas in Hochstimmung. Auch am Dienstag wird viel Party gemacht.

Foto: Cremer

Wien - Als Dardis McNamee am Tag nach der US-Wahl auf dem Weg durch Wien einen Obama-Anstecker trug, stand den Menschen um sie herum der "Change" ins Gesicht geschrieben. "Die Leute in der U-Bahn lächelten mich an", erzählt sie, beinahe immer noch ungläubig. "Diese Art von Offenheit kannte ich von Österreichern vorher nicht." Die Bush-Ära war für sie wie ein Albtraum, sagt die Journalistin und Lehrende der Webster University, die seit 1994 in Wien lebt. Die Wahlnacht verbrachte das Democrats-Abroad-Mitglied feiernd mit Gleichgesinnten im "The Rampant Lion" in Wien. "Wir haben geschrien, gelacht, uns aufgeführt wie Kinder", erzählt sie.

Wo sie sich Obamas Amtseinführung am Dienstag ansehen wird, hat sie noch nicht entschieden. Sie weiß von mindestens vier Partys: Die Amerikanische Botschaft feiert mit geladenen Gästen im Hotel Marriott, verschiedene NGOs und Österreichs Black Communities im Amerika-Haus im 1. Bezirk. Im "Tunnel" wird die Amtseinführung mit Jazzmusik zelebriert und am Badeschiff darf nach einer geschlossenen Veranstaltung der "Democrats Abroad" ab 21.30 Uhr jeder gegen freie Spende zum Event verschiedener Vereine mit Live-Acts und elektronischer Musik kommen.

"Ein historischer Moment"

Auf dem Badeschiff wird auch Anne Wieben feiern, die bei der Party mit Sprechgesang auftritt. "Es wird ein historischer Moment sein - weil Obama ein Afro-Amerikaner ist", sagt sie. Für sie selbst ändert sich mit dem Machtwechsel in der Heimat unter anderem, dass sie den Worten "Ich bin US-Amerikanerin" nicht mehr dem Nachsatz "aber ich habe nicht George Bush gewählt" nachschicken muss. "Ich hatte immer das Gefühl, dass ich Amerika verteidigen muss", erzählt Wieben, die seit August 2004 am Wiener Konservatorium studiert und seit der Wahl "sehr, sehr glücklich" ist.

Rund 15.000 Amerikaner leben nach Schätzungen der Amerikanischen Botschaft in Österreich. Die Mehrheit der Expatriates wählt laut Politologen demokratisch. Die Registrierungen bei den "Democrats Abroad" haben sich seit Obamas Wahlkampf nach Angaben der Organisation verdreifacht. Doch der Obama-Hype hat nicht alle gleichermaßen erfasst: Barbara Dax, Bibliothekarin an der Vienna Christian School, bezeichnet sich als "unabhängig" und meint über Obama: "Er wird sich erst beweisen müssen. Er ist noch grün hinter den Ohren." Auf jeden Fall sei die Angelobung aber "ein historischer Moment" und es sei "wirklich, wirklich cool, dass ein Schwarzer Präsident wird".

Diese Meinung teilt auch Stephan Wyckoff, der als Sohn zweier Amerikaner in Österreich aufwuchs. Die Wahl eines Schwarzen zum Präsidenten "haben viele nicht zu träumen gewagt", sagt der 32-jährige Fotograf. "Ich glaube, Bush wird schnell in Vergessenheit geraten."

Die Bush-Ära schnell vergessen will Genevieve Sandberg-Diment nur zu gerne. Sie lebt seit zwölf Jahren in Wien und hat in der Zeit mehrmals erlebt, wie sie harsch behandelt wurde, sobald sie sich als US-Amerikanerin zu erkennen gab. Nicht nur einmal wurde sie danach gefragt, wen sie denn gewählt habe. "Jetzt fühlt es sich definitiv weniger peinlich an, ein US-Amerikaner zu sein", sagt die Angestellte. Doch ein wenig Angst habe sie schon, dass die Erwartungen in den neuen Präsidenten gesetzt werden, zu groß sind. Und: "Zu viel von ihm zu erwarten, wäre nicht fair." (Gudrun Springer/DER STANDARD-Printausgabe, 20.1.2009)