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Das Obama-Alphabet

Wer ist Barack Obama? Wer hat ihn geprägt? Welche Begriffe haben seine politische Laufbahn, seinen Wahlkampf bestimmt? Wann ist aus einem ziellosen Burschen der coole Typ geworden, der es wie kein anderer versteht, die Sehnsüchte der Menschen in aller Welt zu erfüllen? Christoph Prantner erzählt Obamas Geschichte in 26 Buchstaben.

foto: ap/morry gash

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Altgeld Gardens

So heißt die bettelarme Gegend an der South Side von Chicago, in der der Uni-Abgänger Obama seine erste Berufserfahrung als Sozialarbeiter gesammelt hat. Drei Jahre lang hat er Mitte der 1980er hier gearbeitet, versucht ein Stahlwerk zu erhalten und etwas für die Minderprivilegierten zu tun. Sein Erfolg war gleich null. In Altgeld Gardens lernte Obama, dass nur der Rechtskundige etwas weiterbringt. Seine nächste Station: Harvard Law School.

foto: AP Photo/Paul Beaty

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Basketball

Im Sommer dachte Barack Obama laut über ein Basketballfeld im Weißen Haus nach. Bushs Kegelbahn würde er dafür abmontieren lassen, sagte er. Seit High-School-Tagen spielt der Chicago-Bulls-Fan Korbball. Die Plätze seien für ihn die einzige Gelegenheit gewesen, in Hawaii mit Schwarzen in Kontakt zu kommen, schreibt er in einem seiner Bücher. Während der Primaries gewöhnte er es sich an, vor jeder Wahl einige Körbe zu werfen.

foto: AP Photo/Jae C. Hong

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Change

Der Begriff Wandel war der Rahmen für Obamas brillante Wahlkampagne. Wer wollte dem in einem Amerika nach acht Jahren Bush nicht zustimmen? Innerhalb dieser Klammer konnte Obama seine Botschaften ausbreiten, die die Menschen – und das war mindestens so wichtig – glauben konnten.

foto:AP Photo/Rick Bowmer

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Dream

Obamas Traum, Martin L. Kings Traum, der amerikanische Traum – es geht immer um Sehnsucht nach Gerechtigkeit, Aufstieg und Respekt. Mit einem großen Sinn für Symbolik hat Obama seine Nominierungsrede am 28. August in Denver/Colorado gehalten, dem 45. Jahrestag von Kings „I have a dream“-Rede.

foto: APA/EPA/DAVIS TURNER

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Erfahrung

Wer hat für den Irakkrieg gestimmt, wer dagegen? Wer dient seit wie vielen Jahren im US-Kongress? Erfahrung gegen Urteilsvermögen, das war der Begriffskampf im Wahlkampf. Der weißschopfige John McCain ließ keine Gelegenheit aus, Obama als Greenhorn darzustellen. Der revanchierte sich mit dunkelgefärbten Haaren, um den 72-Jährigen noch älter aussehen zu lassen.

foto: AP Photo/Ron Edmonds/file

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Familie

„Ich bin so stolz auf euch beide. Ich liebe euch mehr, als ihr euch je vorstellen könnt“, das schrieb Obama unlängst in einem Brief an seine Töchter Malia (10) und Sasha (7), den eine US-Zeitschrift veröffentlichte. Mit Michelle ist er seit 1992 verheiratet, sie gilt als sein „bester Mann“. Im Wahlkampf stand sie nicht nur lächelnd neben ihm, sie hielt fesselnde Reden und füllte Stadien.

foto: AP Photo/Obama Transition Office, Callie Shell

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Gym

Der neue Präsident ist Fitnessfreak. Er lässt es sich nicht nehmen, jeden Tag eine Stunde lang im Gym zu trainieren. Es ist die einzige Zeit am Tag, zu der er ungestört sein möchte. Er stemmt Gewichte und läuft auf dem Band. Junkfood meidet Obama, Protein-Snacks und Tee sind seine Sache. Diese Leidenschaft trug ihm im Sommer die Frage ein, ob er Präsident werden wolle oder Mr. Universe.

foto: Reuters/JOHN GRESS

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Hope

„The Audacity of Hope“ (Hoffnung wagen) hieß der Bestseller Obamas aus dem Jahr 2006. Der Titel ist angelehnt an seine Parteitagsrede von 2004. Das Buch – Botschaft: Hoffnung statt Zynismus – liest sich wie sein Wahlprogramm, ist gleichzeitig aber kritische Selbstreflexion. Es wurde vielfach übersetzt und millionenfach verkauft. Der Verleger zahlte 1,9 Mio. Dollar Vorschuss dafür.

foto: ap/Matt Sayles

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Indonesien

Nach der Machtübernahme Suhartos in Indonesien musste Obamas Stiefvater, der Student Lolo Soetoro, 1967 mit seiner Familie in seine Heimat zurückkehren. Der Sechsjährige zog mit und besuchte in Jakarta die Schule. 1970 bekam die Familie Zuwachs, Obamas Halbschwester Maya wurde geboren. 1971 übersiedelte er zurück nach Hawaii und lebte dort bei seiner Großmutter.

foto: ap/AP Photo/SDN Menteng

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Joe

Joseph „Joe“ Biden ist Obamas kongenialer Vizepräsident. Er ist außenpolitisch erfahren, hat mehr als 30 Jahre im US-Senat auf dem Buckel und kennt die Washingtoner Politmaschine wie kaum ein anderer. Erscheint Obama manchmal als elitärer Zauderer, muss der leutselige Biden verflucht auf sein schnelles Mundwerk aufpassen. Das ist ihm besser gelungen, als etwa Sarah Palin.

foto: apa/EPA/ALEX WONG

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Kennedy

Es hat lange gedauert, bis die einflussreichen Mitglieder des Kennedy-Clans sich bei den Primaries auf Obamas Seite schlugen. John F. Kennedys Tochter Caroline war die Erste. Sie schrieb in der New York Times, Obama erinnere sie an ihren Vater. Den offiziellen Segen bekam Obama dann vom schwerkranken Senator Ted Kennedy in einer emotionalen Rede auf dem Parteitag im August in Denver.

foto: AP Photo/Evan Vucci

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Love, Reggie

Der 27-Jährige ist der „body man“, der persönliche Assistent, Barack Obamas. Ob Anzüge, Krawatten, Handy oder Akten – er kümmert sich um alle persönlichen Belange des Präsidenten. Wenn es _nottut, holt der im College als Basketballer und Footballer äußerst erfolgreiche Love auch einen Basketball aus seinem Fundus und wirft ihn seinem Chef zu.

foto: reuters/REUTERS/Jason Reed

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Mutter

Stanley Ann Dunham hat sich wenig um Konventionen gekümmert, sie ging ihren eigenen Weg. Zuerst die Ehe mit Barack Obama Sr., der ihre Eltern nur sehr zögerlich zugestimmt haben, dann jene mit Lolo Suetoro. Sie studierte Anthropologie und arbeitete in Indonesien als Entwicklungshelferin. Seine Mutter habe ihm sein Wertegerüst vermittelt, sagt der neue Präsident. Und die Lust, Autoritäten herauszufordern. Dunham starb 1995 an Krebs.

foto: AP Photo/Obama Presidential Campaign

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Name

Barack Hussein Obama. Das ist selbst für US-Verhältnisse ein schräger Name. Als Kind ließ er sich „Barry“ rufen. Später nahm er wieder den Namen an, den schon sein kenianischer Vater (s. V) und Großvater trugen. Barack, der Gesegnete (s.a. Baruch), hat semitische Wurzeln. Im Wahlkampf verwendeten die Republikaner seinen Mittelnamen Hussein, um ihn als Muslim darzustellen. Und gern nutzten sie den künstlichen Versprecher Obama/Osama.

foto: AP Photo/The Albany Times Union, Michael P. Farrell

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Oma(s)

Sara Obama (87) reist aus Kogelo zur Inauguration ihres Enkels nach Washington. Als Geschenk nimmt sie einen dreifüßigen Schemel mit, die Sitzgelegenheit der Häuptlinge. Den dazugehörigen Speer musste sie in Kenia lassen. Bei seiner Großmutter mütterlicherseits, Madelyn Dunham, verbrachte Obama einen Großteil seiner Kindheit und Jugend. Sie starb, 86-jährig, zwei Tage vor seiner Wahl zum Präsidenten.

fotos: reuters/ap

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Parteitag 2004

Beim Nominierungsparteitag der Demokraten im Jahr 2000 bekam Obama nicht einmal eine Eintrittskarte, vier Jahre später war er der Star des Konvents in Boston. Dort hielt er seine berühmte Rede, die ihn über Nacht berühmt machen und bis ins Weiße Haus tragen sollte. Deren Tenor: „Es gibt keine liberalen oder konservativen USA. Es gibt nur die Vereinigten Staaten von Amerika.“

fotos: REUTERS/Rick Wilking

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Quasseln

Der neue Präsident kommuniziert ununterbrochen. Trotz eines Gesetzes, das nach dem Watergateskandal die Aufzeichnung aller Äußerungen eines Präsidenten vorschreibt, will Obama weder Handys noch den privaten Blackberry hergeben. „Wenn ich eine Dummheit mache, kann mir zumindest jemand aus Chicago ein Mail schreiben“, sagte er wenige Tage vor seiner Angelobung.

fotos: REUTERS/Jason Reed

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Rezko, Tony

Die Bekanntschaft mit dem Chicagoer Immobilienentwickler Tony Rezko machte im Wahlkampf Obamas private Geschäfte öffentlich. Mit dem Geld aus einem Buchdeal erwarb er von Rezkos Ehefrau für 1,6 Mio. Dollar ein Haus samt Grundstück im noblen Vorort Kenwood. Rezko wurde im Sommer wegen Bestechung von Politikern verurteilt. Die Vorwürfe hatten nichts mit Obama zu tun.

foto: AP Photo/Nam Y. Huh, File

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Senat

In seinen knapp vier Jahren im US-Senat (vom 4. Jänner 2005 bis 16. November 2008) galt Barack Obama gemäß Stimmverhalten als parteitreu und liberal. Zuvor saß der Demokrat acht Jahre lang im Senat des Bundesstaates Illinois, wo er sich um Justiz- und Sozialpolitik kümmerte. Im Wahlkampf warfen ihm Kritiker vor, dort oft nur mit „Anwesend“ statt mit Ja oder Nein gestimmt zu haben.

foto: AP Photo/Manuel Balce Ceneta

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Team

Chefstratege David Axelrod und Kampagnenmanager David Plouffe haben für Obama den besten Wahlkampf aller Zeiten hingelegt. In die Vorwahlsaison starteten sie in Umfragen 30 Punkte hinter Hillary Clinton. Sie schlugen die gefürchtete Clinton-Wahlkampfmaschine und die Republikaner ebenso. Mit beiden ist Obama befreundet, Axelrod folgt ihm ins Weiße Haus.

foto: reuters/reed

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Universität

Barack Obama hat einen Abschluss in Politikwissenschaften (Fokus: Internationale Beziehungen) an der Columbia University in New York gemacht. Ende der 1980er-Jahre ging er zum Jus-Studium nach Harvard (Bild) und avancierte dort zum ersten schwarzen Präsidenten der Harvard Law Review. Auch als Anwalt blieb er den Unis treu, in Chicago unterrichtete er Verfassungsrecht.

foto: AP Photo/Obama Presidential Campaign

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Vater

Barack Obama Sr. kam als Stipendiat an die University of Hawaii. Dort lernte er Obamas Mutter in einem Russisch-Kurs kennen. Der kurzen Ehe entsprang Barack Jr. Das Paar trennte sich bald darauf, Obamas Vater ging zum Ökonomiestudium nach Harvard. Zurück in Kenia arbeitete für die Regierung. 1982 starb er bei einem Autounfall – Obama traf ihn nach der Trennung nur einmal, 1971.

foto: AP Photo/Obama for America

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Wright, Jeremiah

Über 20 Jahre lang war Pastor Jeremiah Wright der geistliche Beistand der Familie Obama. Der Reverend der Trinity United Church in Chicago traute Michelle und Barack und taufte deren Töchter. Im Wahlkampf tauchte ein Video auf, in dem er als Prediger die USA verdammte. Obama trennte sich sofort von Wright, es war das einzige Mal, dass Obamas Kampagne wirklich in Gefahr war.

foto: AP Photo/Paul Sancya

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X, Malcolm

Die afroamerikanische Community, in der viele noch immer Aktivisten wie den radikalen Malcolm X als ihre Helden ansehen, fremdelte lange bei Barack Obama. Dieser, eigentlich ein Afro-Amerikaner im Wortsinn, hat keine Sklavenvorfahren und war vielen nicht schwarz genug. Jesse Jackson wollte Obama einmal sogar „die Nüsse abschneiden“. Nach seinem Wahlsieg allerdings hatte Jackson Tränen in den Augen.

foto: AP Photo/Henry Griffin

Yes we can

Der Slogan ist ein Klassiker aus Obamas Kampagne – allerdings, seine Wahlkämpfer haben ihn abgekupfert. In den 1970er-Jahren hat ihn schon die US-Landarbeitergewerkschaft verwendet (sinnigerweise auf Spanisch: „Sí se puede“). Im Februar 2008 drehte der HipHopper will.i.am von den Black Eyed Peas (Bild) mit drei Dutzend Kollegen ein Video mit einem „Yes we can“-Song. Millionen sahen ihn auf youtube.com oder über http://dipdive.com/.

screenshot: standard/cremer

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Zogby

Die Meinungsforscher – darunter auch John Zogby, einer der bekanntesten seiner Zunft in den USA – spielten im Wahlkampf eine enorme Rolle. Jeden Tag kam mindestens ein halbes Dutzend Umfragen heraus, jeden Tag versuchten die Kampagnen damit Stimmung zu machen und „Momentum“ für sich zu erzeugen. Wirklich Sinn machten die Daten allerdings erst im Herbst 2008 und auch da nur auf Bundesstaatsebene (Elektorensystem!). (Christoph Prantner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.1.2009)

foto: reuters/reed