Die "großen drei" globalen Ratingagenturen Moody's, Standard & Poors und Fitch sind welthistorisch einzigartige "Experten"-Monopole: sie sahen selbst dann noch keine Subprime-Krise planetaren Ausmaßes, als sie längst ausgebrochen war. Sie versahen seit 2006 nur vier US-Industrieunternehmen, aber über 5.000 (!) Fonds, von denen viele heute keinen Cent mehr Wert sind, mit AAA-Bestnote. Im Mai 2008 überbewertete Moody's Finanzprodukte "irrtümlich" als Triple-A - durch "Informatikfehler". Alle vergaben Gütesiegel für schlechte bis jenseitige Produkte und konkursreife Firmen wie Enron und Parmalat. Fitch bewertete Lehmann Brothers noch am Morgen des Zusammenbruchs, am 15. September 2008, mit der drittbesten Note A+ und stufte sie erst am Nachmittag nach Bekanntgabe ihrer Pleite auf D zurück!

Warum sollten sich die drei halbseidenen Rating-Blindgänger, die sich ungestört einen sechs Milliarden Euro "Expertise"-Markt teilen, das von ein bisschen globaler Finanzkrise und weltweiter Rezession infolge falscher Gutnoten für "toxische Produkte" und "finanzielle Massenvernichtungswaffen" (W. Buffet) verderben lassen?

Denn diese Milliarden-Schnäppchenjäger lassen sich nicht regulieren: Binnenmarktkommissar McCreevy will "sehr strenge Regeln" etablieren, die alle angeblich längst beachtet werden, ohne dass sich die weltgeschichtlich folgenschwersten Fehlurteile vermeiden ließen. Und das Verbot der Praxis der Ratingagenturen, den von ihnen benoteten Unternehmen sehr teure Analysen und Beratungen zu verkaufen, konnte die EU-Kommision bisher ebenso wenig durchsetzen wie die US Securities and Exchange Commission (SEC) 2006 durch den Credit Rating Agency Reform Act die Bezahlung von Ratingagenturen durch die von ihnen bewerteten Firmen oder Emittenten bewerteter Produkte unterbinden konnte.

IWF-Chef Strauss-Kahn's Aussage zur Madoff-Affaire, nicht Diebstahl und Betrug seien das Erstaunliche, sondern das Versagen der "Gendarmen", ist nichts hinzuzufügen. Kein einziger "Regulator" konnte bisher das Evaluations-Kartell und die strukturell korrumpierende "Anfütterung" und Überfütterung der "großen drei" fetten Karpfen (und ein paar kleiner Hechte im Rating-Teich) wirksam in Frage stellen. Sie werden von den benoteten Unternehmen selbst (mit 100.000-300.000 Euro pro Rating) bezahlt - kick backs mit einer operativen Marge von 50%! Da werden Händler in den meisten Branchen der Halb- und Unterwelt wohl blass vor Neid.

Seit mir im August 2007 ein Vice President einer der "großen drei" bei einem Symposion des liberalen Think Tank "Avenir Suisse" in den Zermatter Bergen in schöner Offenheit erläuterte, wie sehr das Personalstandswachstum wie auch die persönlichen Einkommenszuwächse (um bis zu 80.000 € zusätzlich jährlich) in seinem Büro von den Benotungen der Finanzunternehmen und -produkte abhänge, die sie zu evaluieren hatten, machte ich mir keine Illusion über die Objektivität und Qualität dieser Ratings.

Was außer wechselseitiges Hochloben auf schmalster Basis kann passieren, wenn sowohl A's wie auch B's Einkommen von A's Bewertung von B abhängen? Hier wurde die Feuerwehr zum Brandstifter. Nicht die Räuber, aber die Hehler zu Gendarmen. (Bernd Marin/DER STANDARD, Printausgabe)