Straßburg - Frankreich hat mit der Verhängung von Geldstrafen wegen der Veröffentlichung eines Buches über die Foltermethoden der französischen Armee während des Unabhängigkeitskrieges in Algerien gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verstoßen. Mit dieser Feststellung gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dem französischen Verlag Plon und zwei ehemaligen Direktoren des Unternehmens Recht. Die Regierung in Paris wurde angewiesen, den Beschwerdeführern zusammen rund 33.000 Euro Entschädigung zu zahlen.

"Verherrlichung von Kriegsverbrechen"

Der Verlag hatte 2001 ein Buch veröffentlicht, in dem der ehemalige französische General Paul Aussaresses über seine Folterpraxis während des Algerienkriegs (1954-62) berichtete. Er äußerte in dem Buch kein Bedauern. Vielmehr schrieb er, er habe die "mühsame Arbeit" auf Befehl hin erledigt und keine Wahl gehabt. Die französische Justiz verurteilte Verlag und Autor 2002 wegen "Verherrlichung von Kriegsverbrechen". Die beiden Direktoren mussten Geldstrafen von jeweils 15.000 Euro zahlen, der Autor 7.500 Euro.

Diese Verurteilung rügte der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof nun als unangemessen. Das Recht auf Meinungsfreiheit gelte nicht nur für "harmlose" Informationen und Ideen, sondern auch für solche, die "verletzen, schockieren und beunruhigen". Im Übrigen habe das Buch die These untermauert, dass im Algerienkrieg gefoltert wurde - und zwar mit Zustimmung der französischen Regierung. Der Bericht sei somit ein Beitrag zu einer Diskussion von öffentlichem Interesse.

Auch der Chef der rechtsextremen "Nationalen Front", Jean-Marie Le Pen, war der Folter während des Algerienkriegs beschuldigt worden. Er war damals Leutnant der Fallschirmjäger. (APA/AFP)