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Bergekähne zogen den ungewöhnlich sanft im Hudson River gelandeten Airbus unmittelbar nach der Bergung der 155 Passagiere an die Docks von Manhattan. Dort wird er derzeit untersucht

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Notlandung am Hudson River: Aufnahme eines Passagiers

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Alle Insassen konnten gerettet werden.

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New York - Nach der spektakulären Rettung von 155 Menschen aus einem notgewasserten Airbus in New York soll am Samstag die Unglücksmaschine geborgen werden. Das Flugzeug hat beide Triebwerke verloren. Die Motoren sollen Aufschluss über die Unglücksursache geben. Sie hatten sich beim Aufprall der Maschine auf dem Wasser von den Tragflächen gelöst. Taucher der Polizei suchten bis in die Nacht mit Sonargeräten nach den Motoren, die genaueren Aufschluss über die Unfallursache geben sollen. Am Samstag wurde die Siuche fortgesetzt.

Eisige Temperaturen und heftige Strömung im Hudson River erschwerten die Arbeit. Nach der Notwasserung hatten am Donnerstag alle 155 Menschen an Bord ohne größere Verletzungen gerettet werden können.

"Wunder" von Manhattan

Am Tag danach war nicht nur CNN voller Bewunderung für die Leistung des Piloten von Flug 1549, Chesley B. Sullenberger. Er hatte den Airbus Donnerstagnachmittag (Ortszeit) mit Präzision und Kaltblütigkeit im Hudson River notgewassert, ohne dass die Maschine auseinanderbrach und auch nur einer der 155 Passagiere ernsthaft verletzt worden war. New Yorks Bürgermeister Bloomberg zeichnete den Pilot der Unglücksmaschine mit dem Schlüssel der Stadt aus.

Passagiere und Mannschaft harrten auf den Tragflächen der Maschine dicht gedrängt aus, bis sie von vorbeifahrenden Fähren und Booten der Küstenwache geborgen wurden. Der Airbus wurde mittlerweile mit Schleppern an ein Dock in Downtown Manhattan gezogen und dort festgemacht. Spezialisten von Airbus sind mittlerweile in New York gelandet, um das beschädigte Flugzeug (zumindest beide Triebwerke sind vollständig zerstört) zu untersuchen.

Nicht nur die Medien sprechen von einem "Wunder", einige der 155 Passagiere feierten in der New York Times ihren Piloten, auch die österreichische Rennfahrer- und Fliegerlegende Niki Lauda nannte Sullenberger einen "harten Hund". Der Pilot habe mit der unversehrten Landung etwas "in der Geschichte der Luftfahrt Einzigartiges" geleistet.

Die Verantwortlichen müssen nun prüfen, was in den dramatischen Minuten unmittelbar nach dem Start des US-Airways-Fluges 1549 um 15.26 Uhr Ortszeit vom La Guardia Airport bei New York geschah. Laut der New-York-Terminal-Radarkontrolle habe Flug 1549, unterwegs nach Charlotte in North Carolina, einige Minuten nach dem Start "double bird strike" (doppelten Vogelschlag) gemeldet. Da befand sich der Airbus gerade rund 900 Meter über der Bronx. Die Fluglotsen vom Airport Teterboro im nahen New Jersey instruierten den Ploten, in südlicher Richtung entlang des Hudson River zu fliegen und New Jersey anzusteuern. Sullenbergers Antwort kam, laut NYT, prompt: "Wir landen im Fluss." Der Airbus überflog die George-Washington-Brücke in nur mehr rund 300 Metern Höhe und glitt auf Höhe West 48. Straße Midtown Manhattan sanft in die grauen Fluten des Hudson.

Die Piloten von US Airways, einer der größten Fluggesellschaften der Welt, können Notwasserungen zwar am Flugsimulator üben - von der Realität sei das dennoch einigermaßen entfernt, sagte eine Sprecherin der US-Flugaufsichtsbehörde FAA. Man lande dann "auf einer glatten blauen Fläche". Seit Donnerstag gibt es, dank Sullenberger, den Reality-Check, wie das geht: mit der Nase nach oben, beide Flügel waagrecht, die Luken dicht, ohne zu verwackeln.

"Wunder vom Hudson"

New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg bedankte sich überschwänglich bei dem Kapitän: "Der Pilot vollbrachte eine Bilderbuchlandung auf dem Hudson River und sorgte dafür, dass alle Insassen in Sicherheit gebracht wurden." Der Gouverneur des Staates New York, David Paterson, sagte in Anspielung an den Weihnachtsfilm "Das Wunder von der 34. Straße": "Ich glaube, wir haben jetzt ein Wunder vom Hudson."

Chesley Sullenberger, der Kapitän der US-Airways-Maschine mit der Flugnummer 1549, verfügt nach US-Medienberichten über mehr als 30 Jahre Flugerfahrung, darunter auch bei der US-Luftwaffe. Nach der Rettung der Passagiere sei er noch zweimal durch die Maschine gegangen, um sicherzustellen, dass auch wirklich niemand zurückblieb, lobte Bloomberg.

Wassertemperatur knapp über Null Grad

Unmittelbar nach der Notlandung spielten sich in dem Fluss vor der Wolkenkratzerkulisse Manhattans dramatische Szenen ab. Der Airbus versank bis zu den Fenstern im eisigen Wasser. Mehrere Menschen kletterten in Panik auf eine Tragfläche, andere rutschten ins Wasser und mussten später wegen Unterkühlung im Krankenhaus behandelt werden. Den meisten Passagiere, darunter auch eine Frau mit einem Baby, konnte die Besatzung aber rechtzeitig in Rettungsboote helfen. Das Unglück spielte sich an einem der bisher kältesten Tage dieses Winters mit starkem Frost und bei einer Wassertemperatur von vier Grad ab.

Hubschrauber warfen Rettungswesten ab

Nach Angaben der US-Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA war die Maschine auf dem Weg vom New Yorker Flughafen La Guardia nach Charlotte im Bundesstaat North Carolina. Ersten Ermittlungen zufolge fielen wahrscheinlich durch den Aufprall eines oder mehrerer großer Vögel beide Triebwerke aus. Der Pilot hatte kurz nach dem Start über Funk Probleme gemeldet und die Notlandung angekündigt.

Zunächst schien es, als sei das Flugzeug abgestürzt. Allerdings ragte ein Teil des Rumpfs noch aus dem Wasser, auch die Tragflächen waren zu sehen. Hubschrauber kreisten über der Unglücksstelle und warfen Rettungswesten ab. Auch die regelmäßig im Hafen verkehrenden Fähren kamen zu Hilfe. An Land warteten nach Angaben von Augenzeugen wenigstens 100 Rettungsfahrzeuge von Polizei und Feuerwehr, um die Überlebenden zu versorgen.

Zahlreiche Knochenbrüche

Ein FAA-Sprecher sagte dem Nachrichtensender CNN, Taucher hätten sich davon überzeugt, dass niemand mehr in dem Wrack war. Schlepper vertauten den Rumpf mit Stahlseilen, um ein Versinken zu verhindern. Sie zogen das Flugzeug im Laufe des Abends rund drei Kilometer flussabwärts und befestigten es an einer Anlegestelle des Battery Parks an der Südspitze von Manhattan.

Derweil wurden etliche Passagiere und Besatzungsmitglieder mit Knochenbrüchen und anderen Verletzungen in Kliniken von New York und dem benachbarten New Jersey versorgt. Nach Angaben von Bürgermeister Bloomberg waren aber alle in stabilem Zustand. Ein Sprecher der Fluglotsenvereinigung, Doug Church, sagte, Sullenberger habe kurz nach dem Start auf dem New Yorker Flughafen LaGuardia einen "doppelten Vogelschlag" gemeldet. Bloomberg sagte, er habe mit dem Piloten gesprochen und dem Passagier, der nach eigenen Angaben als letzter aus der Flugzeug geholt worden sei. Einige Passagiere hätten von Tauchern geborgen werden müssen.

Explosion

Passagier Jeff Kolodjay, sagte, er habe zwei oder drei Minuten nach dem Start eine Explosion gehört und von seinem Fenster aus gesehen, dass ein Triebwerk brannte. "Der Captain sagte, wir sollten uns auf einen Aufprall vorbereiten, weil wir runter gingen", berichtete er. Alle hätten sich geduckt und gebetet. Das Flugzeug sei ziemlich hart auf dem Wasser aufgeprallt, aber alles sei in Ordnung gewesen. "Es war heftig. Man muss es dem Piloten zugutehalten: Er hat eine höllisch gute Landung hingelegt."

Joe Hart, der ebenfalls in der Maschine saß, sprach von einer phänomenalen Leistung des Piloten. Der Aufprall sei "nicht viel härter als bei einem Auffahrunfall" mit dem Auto gewesen. Auch Augenzeugen außerhalb des Flugzeugs berichteten, der Pilot habe die Maschine augenscheinlich kontrolliert auf dem Wasser aufgesetzt. US-Airways-Chef Doug Parker bestätigte, dass an Bord des Flugzeugs 150 Passagiere, drei Flugbegleiter und zwei Piloten waren.

Kein Terroranschlag

Luftfahrtexperten äußerten sich erstaunt, dass der Airbus beim Auftreffen auf den Hudson nicht auseinanderbrach. "Eine Notwasserung ist normalerweise zerstörerischer als eine Notlandung", wunderte sich der Unfallforscher Max Vermij. Eigentlich hätten die Triebwerke und die Tragflächen beim Aufprall abreißen müssen. Danach wäre Wasser in den Rumpf eingedrungen.

Laut Bundespolizei FBI gab es keine Anzeichen für einen Terroranschlag. Auch das Heimatschutzministerium ging nicht von einem Anschlag aus. Nach Angaben der US-Luftaufsichtsbehörde FAA wurden in den USA zwischen 1990 und 2005 rund 65.000 Zwischenfälle mit Vogelschlag gemeldet - etwa einer auf 10.000 Flüge. "Sie würgen buchstäblich das Triebwerk ab, und es fällt aus", sagte ein pensionierter Delta-Airlines-Pilot, Joe Mazzone. Fluglotsen wiesen Piloten regelmäßig auf Vögel in ihrer Flugbahn hin. (AP/APA/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.1.2009)