"To Be Free"

Sony

NINA SIMONE
To Be Free: The Nina Simone Story
(Sony)
Nina Simone, dieses Wunder des Universums, das aufgrund einer kosmischen Laune auf Mutter Erde landete, um hier mit einer Demut erzeugenden Stimme und einer unvergleichlichen emotionalen Wucht die Ungerechtigkeit anzuprangern, die vor allem ihren schwarzen Brüdern und Schwestern angetan wurde, sollte ohnehin in jeder gepflegten Musiksammlung einen Ehrenplatz einnehmen. So es diesen noch nicht geben sollte: Diese drei CDs und eine DVD mit einer Dokumentation umfassende Sammlung befreit umgehend aus dieser misslichen Lage. Simone, die Einzige, die elegante Diva, die Stilistin, die zornige Mahnerin - alles, was man sich gar nicht vorstellen kann, offenbart sich hier durch Kraft und Schönheit. Und wenn es mit der Menschheit morgen vorbei wäre, allein wegen jemandem wie Simone hätte sie zumindest kurz ihr Daseinsrecht besessen.

THE RY COODER ANTHOLOGY
The UFO Has Landed
(Rhino/Warner)
Das Werk und Wirken von Ry Cooder auf nur zwei CDs präsentieren zu wollen geht natürlich gar nicht. Dafür ist dieser hemmungslos der Vergangenheit zugetane Musikarchäologe und seit über 40 Jahren im Business umtriebige Mann zu vielseitig. The UFO Has Landed ist deshalb nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine Einstiegshilfe ins Cooder'sche Universum, in dem die Rhythmen tendenziell verschlafen, rumpelnd oder verhatscht daherkommen, die Gitarre notenfaul und/oder solide gespielt wird und der Gesang eher als notwendiges Übel betrachtet wird. Aber wenn es schon einmal etwas zu erzählen gibt, muss es halt sein, das Singen. Dass Cooder dabei einen ganz eigenen Charme kreiert, wird gerne übersehen. Nebst Perlen aus seinen Soloalben sind hier ausgewählte Soundtrackarbeiten zu hören wie das unvermeidliche Paris, Texas. Ansonsten gilt, dass das Cooder-Frühwerk bis zum Album Jazz (1978) ungehört kaufbar ist. Auch das wird hier wieder belegt.

ROY ORBISON
The Soul Of Rock And Roll
(Sony)
Dem König der kleinen Oper, der unerreichten Drei-Minuten-Drama-Queen ist dieses Boxset gewidmet, das - aufgeteilt auf vier Wirkungsdekaden - einen Unantastbaren des Pop vorstellt: Roy Orbison. Vom frühen Rock 'n' Roll über die persönlich schwierigen Zeiten in den 60ern, die heftigen 70er bis zum würdevollen Spätwerk in den 80ern erinnern diese vier CDs daran, wie sehr wir Roy eigentlich vermissen. Und es erinnert daran, dass Celine Dion für ihre anmaßende Aneignung von I Drove All Night dereinst in der Hölle schmoren wird. Einen Schrein für Roy! Jetzt!

BOB DYLAN
Radio Radio - Theme Time Radio Hour Volume One
(Mischief Music / Substance, Tel.: 01/523 67 57)
Mit dieser vier CDs umfassenden Sammlung liegt die bisher umfangreichste Zusammenstellung von Stücken aus Bob Dylans Radioshow vor. Allesamt bis an die Grenzen ihrer Speicherkapazität vollgepackt, cruist His Bobness durch die Themenparks, die er in seiner Sendung öffnet und durchleuchtet: Einige der Themen: "Shoes", "Death And Taxes", "Guns", "Thanksgiving Leftovers". Man merkt schon - ein schräger Gemüsegarten. Stilistisch zwischen Blues, Varieté, Folk, Jazz und Bauern-Yeeha! angesiedelt, kommt diese von Dylan nicht autorisierte Auswahl kaum über die mittleren 1950er-Jahre hinaus. Muss sie auch nicht. Was der Meister hier - natürlich ohne seine Moderationen - präsentiert, ist höhere und bessere Wurzelkunde. Gleichzeitig offenbart sich deutlich, warum die beiden letzten Studioalben Dylans so klingen, wie sie klingen. (flu / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.1.2009)