Istanbul/Washington - Terroristen-Anführer Osama bin Laden hat die Muslime in aller Welt zu einem Jihad gegen Israel aufgerufen. "Der einzige Weg zur Befreiung der Al-Aksa-Moschee und Palästinas ist der Heilige Krieg", sagte der Chef des Terrornetzes Al-Kaida in einer ihm zugeschriebenen Audio-Botschaft, die Mittwoch im Internet veröffentlicht wurde. Darin hieß es ferner, alle Gipfeltreffen und Außenministerkonferenzen der arabischen Staaten zur Lage im Gazastreifen seien sinnlos. Muslime in aller Welt sollten sich dem Kampf entweder direkt anschließen oder diesen zumindest finanziell unterstützen.

Bin Laden sagte, Israel habe sein "schreckliches Massaker" im Gazastreifen bewusst noch begonnen, bevor die Amtszeit von US-Präsident George W. Bush endet. Der scheidende US-Präsident erklärte seinerseits, er glaube immer noch fest, dass Bin Laden eines Tages festgenommen werde. In einem Gespräch mit CNN-Moderator Larry King sagte Bush am Dienstagabend: "Wir haben eine Menge Leute, die nach ihm suchen ... Man kann nicht sein Leben lang entkommen." Die USA sehen Osama bin Laden als Urheber der Anschläge vom 11. September 2001. Er wird in der Grenzregion von Afghanistan und Pakistan vermutet.

In der 22-minütigen Tonband-Botschaft drückte Bin Laden zudem seine Freude über die globale Finanzkrise aus. Diese Krise habe die USA, die neben Israel der Hauptfeind der Muslime seien, jetzt schon stark geschwächt, erklärte er. Bin Laden zitierte um dieses Argument zu untermauern unter anderem den deutschen Finanzminister Peer Steinbrück, der in einer Regierungserklärung Ende September gesagt hatte, die Bankenkrise sei ein Erdbeben, in dessen Folge die USA ihren Status als "Supermacht des Weltfinanzsystems" verlieren würden.

Das US-Außenministerium wertete unterdessen die vermeintliche Bin-Laden-Botschaft als Zeichen der "Isolation". "Es scheint, dass er nun auf jeden einschlägt, das scheint nur ein Zeichen seiner Isolation zu sein", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Sean McCormack, am Mittwoch in Washington. US-Regierungssprecher Gordon Johndroe sah in dem Auftritt einen Versuch, um Spenden zu werben. "Die Aufzeichnung bestätigt seine Isolation und fortgesetzten Versuche, relevant zu bleiben", sagte er. Sie komme zu einer Zeit, "in der Al-Kaidas Ideologie, Mission und Agenda in der ganzen Welt infrage gestellt werden".

Die Echtheit der Botschaft konnte zunächst nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Die Stimme ähnelte aber derjenigen in früheren Botschaften Bin Ladens. Ein Geheimdienstmitarbeiter wies darauf hin, dass sich die USA nicht mehr offiziell zu der Authentizität solcher Botschaften des Al-Kaida-Chefs äußerten: "Solch eine Propaganda verdient es nicht, interpretiert oder analysiert zu werden." Es wäre Bin Ladens erste Botschaft seit acht Monaten.

In der Bin-Laden-Botschaft, die ihrem Inhalt nach maximal vier Tage alt sein kann, heißt es auch, die Al-Kaida wolle in ihrem Kampf gegen die "Ungläubigen" weitere Fronten eröffnen. Die Muslime sollten auch den Kampf der "Gotteskrieger" in Somalia, in den Maghreb-Staaten und in der pakistanischen Provinz Waziristan unterstützen.

An die Adresse der Palästinenser im Gazastreifen sagte Bin Laden: "Wir fühlen mit Euch, denn die gleichen Flugzeuge, mit denen ihr angegriffen werdet, werden auch gegen uns eingesetzt. Wir verknüpfen unser Schicksal mit dem euren." (APA/dpa/Reuters/AP)