Wien  - Die Abhängigkeit der EU von russischen Erdgaslieferungen wird aufgrund steigender Nachfrage und dem Rückgang der Eigenförderungen auch in Zukunft steigen. Um der Abhängigkeit zu entkommen, sollten alternative Gasbezugsquellen erschlossen, Speicherkapazitäten ausgeweitet und der Pipeline-Ausbau vorangetrieben werden, empfahl A.T. Kearney-Partner Florian Haslauer am Mittwoch vor Journalisten.

Im Jahr 2007 wurden laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung EU-weit 505 Mrd. Kubikmeter Gas verbraucht, 2020 werde der Bedarf auf 630 Mrd. Kubikmeter anwachsen, prognostizierte Haslauer. Getrieben werde der Anstieg insbesondere durch den Ausbau von Gaskraftwerken. Im selben Zeitraum werde die Eigenförderung aber zurückgehen, was einen Importsteigerung um knapp 70 Prozent auf 515 Mrd. Kubikmeter zur Folge habe.

Auch wenn durch den Neu- und Ausbau der Pipelineprojekte zusätzliche Kapazitäten entstehen, so könnten diese den steigenden Bedarf nur teilweise decken. Lediglich 345 Mrd. Kubikmeter (+37 Prozent) des bis 2020 benötigten Importbedarfs könnten laut Studie über Pipelines importiert werden. Flüssiggas habe aber das Potenzial, die entstehende Versorgungslücke zu schließen. Bis 2020 müsse sich diese Importmenge auf 161 Mrd. Kubikmeter verdreifachen, um den Bedarf zu decken.

Ausbau der Fördermengen in Russland

Da in absehbarer Zeit keine "radikale Energiewende" vollbracht werden könne, werden die EU-Länder auch weiterhin von Russland abhängig sein, sagte Haslauer. Ein Blick auf die russische Gasbilanz zeige aber, dass ein Großteil des Gases im eigenen Land verbraucht und der Bedarf stark ansteigen werde. Russland plane zwar, die Fördermengen bis 2020 weiter auszubauen, dafür müssten aber mindestens 200 Mrd. US-Dollar (151 Mrd. Euro) investiert werden. Um diese Summe aufzubringen, müssten die Umsätze - also die Gaspreise - der Gazprom entsprechend hoch sein.

Um diese Abhängigkeit zu verringern, seien entsprechende Alternativen notwendig. Vor allem der Abschluss langfristiger Lieferverträge mit Ländern aus Nordafrika und dem Nahen Osten sollte rasch realisiert werden, da die Gazprom bereits mit diesen Staaten verhandle, so Haslauer. Um das Gas liefern zu können, müssten die geplanten Pipeline-Projekte Northstream, Southstream beziehungsweise Nabucco realisiert werden. Vor allem die Nabucco-Pipeline sei wichtig für Europa, "weil man dabei nicht von Russland abhängig ist", erklärte Hauslauer.

Darüberhinaus sollten die Gasspeicherkapazitäten ausgeweitet werden. Der Ausbau alternativer Energiequellen sollte ebenfalls vorangetrieben werden. Die Errichtung einer internationalen Gaskoordinierungsstelle, die mit Repräsentanten aus allen beteiligten Ländern besetzt ist, trage ebenfalls dazu bei, die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Eine koordinierte Vorgehensweise werde die Verhandlungsmacht Europas "wesentlich stärken", sagte Haslauer. (APA)