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Hugo Chávez gibt sich entspannt: "Die Wirtschafts-krise ist eine Krise des Kapitalismus, und nicht des Sozialismus."

Foto: Reuters/Alejandro Rustom

Caracas - Glaubt man Hugo Chávez, so hat die Wirtschaftskrise einen großen Bogen um Venezuela geschlagen. "Auch wenn die Ölpreise auf null sinken, wird die Revolution überleben. Venezuela hat genügend Ressourcen, um der Krise zu trotzen, die im Übrigen eine Krise des Kapitalismus ist, und nicht des Sozialismus", tönte der Staatschef noch vor wenigen Wochen lautstark.

Doch die Realität sieht anders aus. Der Verfall des Ölpreises trifft den Karibikstaat hart, der 90 Prozent seiner Devisen und die Hälfte seines Haushalts aus dem Ölexport bezieht. Im Haushalt 2009 ist der Erdölpreis mit 60 Dollar veranschlagt - derzeit liegt er auf dem Weltmarkt bei der Hälfte.

Mehr als 35 Milliarden Dollar aus dem Erdöl flossen in den vergangenen Jahren in Chávez' revolutionäre Fonds. Entsprechend großzügig verteilte der venezolanische Präsident die Gelder: Straßen- und U-Bahn-Bauten wurden in Angriff genommen, Bildungsprogramme für die arme Bevölkerung aufgelegt, und Milliarden von Dollar in Form von subventioniertem Erdöl oder "Entwicklungshilfe" flossen in Bruderstaaten wie Kuba, Nicaragua und Bolivien.

So schnell, wie das Geld in die Kassen kam, so schnell gab es Chávez wieder aus: vier Milliarden Dollar für Waffen aus Russland, 400 Millionen Entwicklungshilfe für Nicaragua, zwei Milliarden für Verträge mit Kuba. Unsummen verschwanden zudem in den schwarzen Löchern der Korruption, eine unabhängige Buchprüfung gibt es in Venezuela nicht. Derart viel Geld ist im Umlauf und kann wegen Devisenverkehrskontrollen auch nicht anderswo ausgegeben werden, dass im abgelaufenen Jahr die Inflation auf über 30 Prozent stieg.

Doch der Rausch dürfte auf sein Ende zusteuern. Fünf Milliarden Dollar befinden sich offiziellen Angaben zufolge derzeit noch in den Fonds, 42 Milliarden in der Zentralbank. Ein Teil der Rücklagen dürfte für den Wahlkampf reserviert sein. Denn die große Schlacht des Chavismo steht im Februar bevor: Dann will er die Bevölkerung erneut darüber abstimmen lassen, ob er unbegrenzt zur Wiederwahl antreten kann, womit die in der Verfassung verankerte Beschränkung auf zwei aufeinanderfolgende Mandate fiele. Zwar haben die Venezolaner 2007 eine derartige Verfassungsreform per Referendum abgelehnt; aber Chávez ist überzeugt, "für zehn weitere Jahre unentbehrlich" zu sein.

Noch bevor die Krise zum Tragen komme, wolle Chávez das Referendum abhalten - so erklärt die Opposition die Eile, die der Staatschef dabei an den Tag legt. Im Stillen bastelt sein Wirtschaftsteam an Sparmaßnahmen. So wurden die Ministerien zu Einsparungen verdonnert und das Devisenkontingent für Venezolaner gekürzt. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.1.2009)