Bild nicht mehr verfügbar.

Bestandteil des Menüs: Hendl mit nicht allzu glücklicher Kindheit

Foto: APA/AP/Michael Probst

Begonnen hatte es mit Catering aus dem doch ziemlich hippen Le Meridien ums Eck, mit einem proppenvollen Newsroom und einer üppigen Tabloidzeitung mit gleich zwei täglichen Farbbeilagen von zusammen 32 und mehr Seiten. Die einen sagen, die Küche, vor allem die Saucen aus dem Hotelkomplex ums Eck wären der Belegschaft von "Österreich" zu üppig gewesen, um noch mit Elan am Blatt zu arbeiten. Die anderen sagen, und auch das klingt ziemlich glaubwürdig, das Meridien hätte kein Menü unter 9 Euro zustande gebracht, und soviel Subvention habe sich der Verlag nicht leisten wollen (oder auf Dauer können). Adieu, le Meridien.

Kein Alkohol

Inzwischen geht im Akademiehof der dritte Kantinenpächter zu Werke, sagen Auskenner, und das in zweieinhalb Jahren. Diesmal einer, der seinen Vorgängern mit einem Lokal vorne an der Operngasse eine Zeit lang Konkurrenz machte. Dort schenkte er auch Alkohol aus, nicht unbedingt als Mittel der längerfristigen Produktivitätssteigerung bekannt. Im Inneren des Öster-Reichs wurden solche Breitmacher offenbar vom Management ausgeschlossen. Hier regieren Mineralwasser (Automat: 0,5 Liter um 70 Cent), Kaffee, Cola & Co.

Mit den ganz dicken Saucen ist es offenbar auch vorbei. Auch das Blatt ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren ja ziemlich zusammengeschurrt, der Newsroom in meinem Rücken ist weit nicht mehr so eng besetzt wie zum Start im September 2006. Den  Eindruck verstärkte bei meinem Besuch gewiss die Nähe zu den Feiertagen, doch außer Herausgeber Wolfgang Fellner bestätigen ihn viele Menschen mit Einblick dort. Lässt sich ja schon an den Abgängen der vergangenen Jahre ablesen. Als ich einreite, erkenne ich Chronikchef Wolfgang Höllrigl an einem Tisch, später holt sich Joe Galley auf dem Weg zur Rauchterrasse eine Kleinigkeit.

Einmal fleischlos

Zwei Gerichte (plus Tagessuppe) stehen täglich zur Auswahl, eine davon tendenziell fleischlos. Zum Beispiel Paprikahuhn mit Teigwaren oder Knödel mit Ei, Spaghetti Carbonara oder mit Gemüsesugo, Curryhuhn mit Reis oder ein Gemüserisotto. Der Risotto sieht mir aus wie my first dish vor ein, zwei, eher schon bald drei Jahrzehnten mit eher klebrigem Reis aus dem Sackerl plus Tiefkühlgemüsemischung. Risotto? Ein großes Wort gelassen auf den Speiseplan geschrieben. Muss nicht schlecht sein, aber ich bin ja eh nicht so für's Fleischlose.

Und den Reis kann man auch beim Curryhuhn probieren, hier halt gemüsefrei, aber ähnlich klebrig. Das Huhn, wie eben eine große Hühnerbrust schmeckt, die mutmaßlich keine allzu glückliche Kindheit erlebt hat. Passt schon irgendwie. Bei Currysaucen liegt meine ohnehin generell dünne Expertise höchstens knöchelhoch, ich fand sie jedenfalls nicht außergewöhnlich, sie störte nicht weiter. Schon okay. Insgesamt fällt der Gang jedenfalls trotz eindrucksvoller Portionsgröße, da gibt es nichts zu meckern, durchaus verträglich aus. Ich Vielfraß hab jedenfalls keine zwei Stunden danach wieder normales Hungergefühl, und das ist definitiv weder ungewöhnlich noch als Kritik an etwaiger Knausrigkeit der Fellnerschen Kantine zu verstehen.

Teuerungswelle

Bis Ende 2008 hätte ich für das gelbe Hendl noch 3,80 Euro gezahlt, seit Neujahr schnellte der Preis auf immerhin 4,90 (ohne Suppe, fällt mir gerade auf). Das kann natürlich zwei Gründe haben: Der Kantinenwirt kommt nicht aus oder "Österreich" hat die Subvention gekürzt. Beides im Bereich des Denkbaren. "Österreich" hat ja auch schon einmal (mit Kupon) 20 Cent gekostet und hält jetzt bei 50 Cent mit Gutschein (verkauft als Kampf gegen die Inflation) und 70 ohne; das Abo begann mit 9,90 und liegt inzwischen, begründet auch mit "TV Austria" bei 14,90. Wenn ich da noch auf dem letzten Stand bin.

Auskenner empfehlen übrigens die Mehlspeisen in der Kantine, saisonal abgestimmt. Gebe ich so weiter, hab ich, sorry, no sweets, aber nicht persönlich nachgeprüft.

Der freie Markt

Der Akademiehof liegt natürlich so unmittelbar vor dem Naschmarkt, dass eine Kantine mit Personal an sich schon als Luxuseinrichtung gelten kann. Andererseits: Wer drin bleibt, verliert Mittags weniger Arbeitszeit. Ich brauche an dieser Stelle nicht aufzählen, was man auf dem Markt so alles bekommt, oft sogar ziemlich bis äußerst gut. Nun kann man auch über den Abnützungsgrad dieser Fressoptionen mäkeln. Tun Kollegen von der APA, die ihre Kantine auf ein Fertigmenübestellungauftauservice reduziert haben und somit gern nach draußen verlagern. Aber auf so hohem Niveau wollen wir hier nicht leiden, schon gar nicht bei einem Kantinentest. Klar ist: Auch ein Gutteil der "Österreich"er holt sein Mittagessen offenbar auf dem freien Markt. Kann man natürlich verstehen.

Demnächst hier: Menü bei Onkel Hans - die Mediaprint-Kantine im Test. Bleiben Sie dran.