Zur Person
Manfred Tscheligi (46) ist Professor für Human-Computer Interaction und Usability an der Universität Salzburg und Gründer und Leiter des Forschungszentrums Cure in Wien.

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STANDARD: Das Schlagwort "Persuasive Technology" bedeutet, Menschen zu positivem Handeln zu überreden. Bewirken könnten das die richtigen Inhalte zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Es geht etwa um mehr Umwelt- und mehr Gesundheitsbewusstsein. Ist es nicht zu einfach, von vornherein eine so optimistischen Definition anzubieten? Überredung durch Technologien kann ja auch weniger positive Folgen haben.

Tscheligi: Nein, es ist sicher nicht zu einfach. Meistens haben neue Technologien mehrere Betrachtungspunkte, das ist nicht neu. Gerade beim Einfluss auf den Menschen ist ein sensibler Umgang gefragt. Das geschieht aber auch in diesem Fall, einerseits durch empirisch fundierte Begleitung in entsprechenden Studien. Andererseits beschäftigen wir uns mit persuasiver Ethik, um genau auszuloten, was an "Überredung" für den Benutzer zumutbar und tatsächlich gewollt ist.

STANDARD: Wie kann man sich der Herausforderung stellen, diese Technologien benutzbar zu machen?

Tscheligi: Es geht ja nicht nur darum, User zu beeinflussen, sondern mit der Übermittlung von Informationen zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort und in der richtigen Form Unterstützung zu bieten. Was Unterstützung aber genau bedeutet und wie sich Informationen dabei auswirken können, muss natürlich Gegenstand intensiver Untersuchungen sein. Das Potenzial ist vielfältig. Es geht um die richtige Form der Übermittlung, um die Portionierung der Informationen.

STANDARD: Was kann die Forschung dafür tun?

Tscheligi: Neben der Erarbeitung von Strategien für die unterschiedlichen Anwendungs- und Kontextbereiche oder Überlegungen, wie das passende Interface zwischen Mensch und Computer in diesem Fall auszusehen hat, wird es auch auf die empirische Untersuchung von Langzeiteffekten ankommen. Es geht darum festzustellen, wie lange die Effekte anhalten, wodurch diese beeinflusst sind und ob grundsätzlich Verhaltensänderungen ausgelöst werden, etwa zu einem geänderten Klimaschutzverhalten, dann aber ohne Existenz der entsprechenden Impulse.

STANDARD: Wie schaut die ideale Persuasive-Technology-Anwendung für Sie aus?

Tscheligi: Real in der Umwelt oder auf einem mobilen Begleiter vorhandene Hinweise, die passend zur jeweiligen Benutzungssituation des Users positiv erlebbar informieren oder Zusatzaspekte aufzeigen, die den Nutzer zum Nachdenken und Reflektieren anregen. Relevant dabei wird immer bleiben: Nach der Konfrontation mit persuasiven Informationen sollte ein messbarer positiver Gesamteindruck verbleiben. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 7. 1. 2009)