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Grafik: APA

Moskau/Kiew  - Russland hat den kompletten Lieferstopp seines Gases über die Ukraine nach Westeuropa am Mittwoch bestätigt. Die Ukraine habe die letzte von vier Transit-Leitungen für das russische Gas in die EU geschlossen, sagte der Vize-Chef des russischen Gasmonopolisten Gazprom, Alexander Medwedew, der Agentur Interfax zufolge in Berlin. Westeuropa erhält aber noch über andere Leitungen über Weißrussland weiterhin Gas.

Gazprom hatte der Ukraine vorgeworfen, das für den Export bestimmte Gas zu Eigenzwecken zu stehlen. Deshalb gebe es keinen Grund mehr, das Gas über die Ukraine zu den Kunden in Westeuropa zu pumpen, hatte Gazprom-Chef Alexej Miller gesagt. Zuvor hatte Russland seinen Gasexport über die Ukraine in den Westen um 75 Prozent gedrosselt. Österreich hatte Mittwoch früh mitgeteilt, derzeit überhaupt kein Gas mehr aus Russland zu erhalten.

Gazprom hat zudem vor Schäden an den Gaspipelines gewarnt, sollten die Lieferungen nach Europa durch die Ukraine länger unterbunden werden. Bei diesen eisigen Temperaturen könnte das System "ernsthaften Schaden" nehmen, sagte der stellvertretende Gazprom-Chef Alexander Medwedew am Mittwoch in Berlin. Er warf der Regierung in Kiew vor, Gazprom als Geisel nehmen zu wollen, und forderte sie erneut auf, die russischen Gaslieferungen nach Europa wieder zu ermöglichen. Unter normalen Umständen könnten die Pipelines in 12 bis 24 Stunden wieder hochgefahren werden.

Erste Einschränkungen

Auch Tschechien meldete einen Lieferstopp seitens Russland. In Ungarn wurde der Erdgas-Konsum für die Industrie bereits eingeschränkt.

Auch die Gas-Zufuhr nach Rumänien ist gänzlich zum Erliegen gekommen. Mittwoch früh wurde nach Regierungsangaben auch auf der zweiten Pipeline im Nordwesten des Landes die Lieferung gestoppt. Damit fallen für Rumänien täglich 6,5 Millionen Kubikmeter Gas aus. Am Dienstag war bereits die Lieferung über die Hauptpipeline Isaccea in Ostrumänien abgebrochen worden. Wirtschaftsminister Adriean Videanu berief eine Krisensitzung ein.

Auslöser des Konflikts war das Scheitern von Verhandlungen zwischen Gazprom und Naftogaz über die Erneuerung eines Lieferabkommens für 2009. Gazprom verlangt höhere Preise und die Begleichung ukrainischer Schulden.

Drastische Engpässe

Auch andere Länder waren von teils drastischen Engpässen betroffen. Seit Mitternacht erhält auch Serbien keine Gaslieferungen mehr aus der Ukraine. Am Dienstag wurde die Lieferung zunächst um 25 und danach um 50 Prozent gekürzt. Der Chef der serbischen Gasfirma "Srbijagas", Dusan Bajatovic, will im Laufe des Tages in Gesprächen mit der ungarischen Regierung in Budapest Gaslieferungen aus dem Nachbarland sichern. Es sei aber völlig unsicher, ob dies auch gelingen werde, meldeten serbische Medien am Mittwoch.

Der Staat unternehme alles, um das Heizen für alle Bürger zu sichern, versicherte unterdessen der Staatschef Boris Tadic. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass es in neun Städten, darunter in der Hauptstadt der Vojvodina Novi Sad, nur gasbetriebene Heizwerke gibt. Am Mittwoch früh waren sie laut Medienberichten noch in Betrieb.

Bajatovic sagte für den Sender B-92, dass Srbijagas zur Zeit rund 60.000 Kubikmeter Gas pro Stunde für die Heizwerke in Belgrad und etwa 40.000 Kubikmeter Gas für jene in Novi Sad sichern würde. "Dies wird nicht endlos möglich sein", warnte Bajatovic. Bereits am Dienstag wurden die Industriebetriebe aufgefordert, den Gasverbrauch zu reduzieren.

Notmaßnahmen zur Versorgung der Heizkraftwerke mit Öl seien bereits eingeleitet. Die Regierung stehe in Kontakt mit Russland. Der Lieferstopp hat viele Serben verbittert, weil ihr Land erst kurz vor dem Jahreswechsel die nationale Erdölindustrie zu einem Niedrigpreis an Russland verkauft hatte. Im Gegenzug war eine sichere Gasversorgung verabredet worden.

Vorwürfe

Russisches Gas fließt noch in geringerer Menge über andere Leitungen wie etwa in Weißrussland nach Westeuropa. Bisher allerdings waren etwa 80 Prozent des Gases aus Russland über Leitungen in der Ukraine in die EU gepumpt worden. Deutschland etwa importiert mehr als ein Drittel seines Gases aus Russland. Der Energie-Konflikt zwischen Moskau und Kiew hatte sich zugespitzt, weil sich beide Seiten nicht auf neue Gaspreise und Lieferverträge einigen konnten.

Gazprom-Chef Alexej Miller hatte der Ukraine am Dienstagabend erneut vorgeworfen, das für den Export bestimmte Gas zu Eigenzwecken zu stehlen. Deshalb gebe es keinen Grund mehr, das Gas über die Ukraine zu den Kunden in Westeuropa zu pumpen. Die Ukraine hatte zuvor auch drei von vier Transit-Leitungen in die EU geschlossen. Russlands Regierungschef Wladimir Putin warf der Ukraine vor, das Gas von den "europäischen Verbrauchern, die dafür viel Geld bezahlt haben, zu klauen". (APA/dpa)