Geschwindigkeit ist ein relativer Begriff, wenn man das ÖBB-Kursbuch liest.

DER STANDARD/Urban

Wien - Mit dem "Railjet" brausen die ÖBB ins 21. Jahrhundert. Der neue Hochgeschwindigkeitszug mit einem Spitzentempo von 230 km/h sei "schneller, moderner und komfortabler" als jeder andere Zug, kündigten die ÖBB an, und er verkürze die Fahrzeiten drastisch. Im Kursbuch allerdings ist davon recht wenig zu merken.

Derzeit verkehrt nur der Railjet 66 von Budapest über Wien nach München. Er verlässt die ungarische Hauptstadt um 13.10 Uhr, düst von Wien West um 16.20 Uhr ab und erreicht den Münchener Hauptbahnhof um 20.34 Uhr, was eine Fahrzeit von 7:24 Stunden ergibt. Im Vorjahr verkehrte der ÖBB EC 62 ab Budapest 13.10 Uhr mit Ankunft in München um 20.34 Uhr. Was die drastische Fahrzeitverkürzung von null Minuten ergibt. In der Gegenrichtung detto: Railjet 69 braust um 9.27 Uhr in München ab und erreicht Budapest um 16.53 Uhr, was haargenau dem Fahrplan des Vorjahres für den ÖBB EC 63 entspricht.

Am 6. April werden auf der Westbahn neue Railjet-Garnituren in Betrieb genommen, die aber auch nicht mit Rekordzeiten aufwarten können. So braucht etwa der Railjet 262 von Wien nach Salzburg 2:38 Stunden und ist damit genau so schnell wie der ÖBB 262, den er ablöst. Gleiches gilt auch für den statt dem ÖBB EC 60 in Betrieb gehenden Railjet 60. Im Vorjahr benötigte der ÖBB EC 68 Mozart von Wien bis in die Festspielstadt 2:36 Stunden, ließ also, wie schon 2007, den Railjet glatt um zwei Minuten hinter sich. Selbst im Jahr 2006 war der "Mozart" noch um eine Minute schneller als die heutige "Schienendüse".

Gegenüber dem bisherigen ÖBB-Paradestück, dem ICE, bringt der Railjet eine Fahrzeitverkürzung von einer Minute. Übrigens haben die ICE im Kursbuch eine Aufwertung erfahren, sie sind nun rot statt schwarz gedruckt. Auf die Fahrzeiten wirkt sich das nicht aus.

Die Beförderung von Autos scheint sich bremsend auf die Zuggeschwindigkeit auszuwirken. Der Autoreisezug von Wien nach Villach braucht nun 4:21 Stunden statt 4:04, nach Rom verlängert sich die Fahrzeit um 22 Minuten, nach Rijeka um neun, nach Koper um drei Minuten. Der Autoreisezug nach Düsseldorf ist verschwunden. (Bernd Orfer/DER STANDARD, Printausgabe, 7. Jänner 2009)