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Sollte der Engpass anhalten, muss Europa Gas rationieren. Die Versorgung der Haushalte ist aber vorerst gesichert.

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Europa sah sich am Dienstag mit einem gefährlichen Paarlauf konfrontiert. Mit dem Fall der Quecksilbersäule sackte auch der Druck in den Gaspipelines ab. Nach dem Lieferstopp wachte die EU, die sich in den Vortagen im russisch-ukrainischen Gaskonflikt nobel zurückgehalten hatte, auf. In einigen europäischen Ländern war der Transport des Energieträgers auf null gefallen, in Österreich gab die OMV einen Abfall auf zehn Prozent bekannt.
Daraufhin machte sich hektische Betriebsamkeit breit. Der österreichische Energiekonzern öffnete die Gasspeicher, um die Lieferkürzung auszugleichen;Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner berief den Energie-Lenkungsbeirat ein und in der Regulierungsbehörde E-Control tagte ein Krisenstab. Wie bereits von Ländern wie Polen und der Slowakei angekündigt, könnte es auch in Österreich zu Rationierungen kommen.
Möglich wäre es, sollte sich die Situation nicht ändern, in der Industrie den Spitzenverbrauch einzudämmen, erklärte Mitterlehner. Fabriken beziehungsweise Gas-Kraftwerke könnten bei länger dauernden Engpässen vorübergehend von Gas auf andere Energieträger umstellen. Im "Extremfall" , an den in Österreich aber niemand ernsthaft denken wolle, wäre es möglich, Produktionseinschränkungen zu verfügen.

EU-Finanzhilfe angedacht

Mitterlehner wartete überdies mit einem Vorschlag zur Lösung des Gasproblems auf: Die EU könnte bei Bedarf mit Haftungen oder Krediten aushelfen, erklärte der Minister. Eine tatsächliche Schuldenübernahme stünde nicht zur Diskussion. Für den Fall, dass die EU-Bemühungen nicht fruchteten, würde Österreich seine sehr guten Kontakte nach Russland und zur Gasprom zur Vermittlung nutzen. Mitterlehner ist aber vorerst dagegen, dass jedes Land für sich mit den Kontrahenten verhandelt, wenngleich einige Länder durch ihre ausschließliche Abhängigkeit von russischem Erdgas für die Haushaltsstromversorgung besonders hart getroffen seien.
Die EU-Kommission und die neue tschechische Präsidentschaft beendeten ihre zögerliche Haltung und gingen zumindest verbal aus der Deckung. Die drastische Drosselung der Gaslieferungen sei schlicht "inakzeptabel" , hieß es in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstag. "Ohne vorherige Warnung und in klarem Widerspruch zu den Versicherungen, die von höchsten russischen und ukrainischen Regierungsstellen gegeben wurden, sind die Gaslieferungen an einige EU-Mitgliedstaaten deutlich gekürzt worden. Diese Situation ist total inakzeptabel."

Vermittlerrolle abgelehnt

Noch zu Jahreswechsel hatte der tschechische Vizepremier Alexandr Vondra gemeint, die Sache sei ein Problem zwischen "den Vertragspartnern Russland und Ukraine" und gehe die EU nichts an. Er lehne eine Vermittlerrolle ab, hatte Vondra noch am Sonntag gemeint. Nun erwägt die EU-Ratspräsidentschaft ein Gipfeltreffen mit Russland und der Ukraine zur Lösung des Gasstreits. Gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso werde über die Einberufung eines Gipfels nachgedacht, teilte Tschechiens Regierungschef und EU-Ratspräsident Mirek Topolánek in Prag auf einer Pressekonferenz mit. Wenn die Lage unverändert bleibe, könne das Treffen etwa auf höchster Ebene zwischen der EU-Präsidentschaft und den Staatschefs aus Russland und der Ukraine stattfinden, sagte Topolánek.

Aufforderung zum Handeln

Auch Europaabgeordnete haben Prag zum Handeln aufgefordert. "Die tschechische Präsidentschaft muss sich aktiv in den Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine einschalten" , fordert der sozialdemokratische Vizefraktionschef Hannes Swoboda am Dienstag in Brüssel. Der stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende Othmar Karas verlangte ein "klares und geschlossenes Auftreten der EU" .
Der außenpolitische Ausschuss des EU-Parlaments will am Donnerstag Gespräche mit Gasprom-Chef Alexej Miller und dem Chef der ukrainischen Naftogas, Oleh Dubyna, führen. (mimo, as, APA/DER STANDARD; Print-Ausgabe, 7.1.2008)