Andrea Weidler juriert.

Foto: Agentur "Wiener Models"

Lena Gercke moderiert.

Foto: Puls 4

Es kann nicht jeder Skispringer werden, findet Andrea Weidler. Ab Donnerstag sitzt sie in der Jury von "Austria's Next Topmodel" auf Puls 4. Stephan Hilpold erklärte sie, worin der Unterhaltungswert des Model-Castings im Fernsehen liegt.

STANDARD: Welche Chancen haben die Kandidatinnen wirkliche Topmodels zu werden?

Weidler: Die Mädchen haben die Chance von Blockflöte auf Saxophon umzusteigen. Sprich: Sie können in extrem kurzer Zeit sehr viel lernen.

STANDARD: Die Kandidatinnen bei "Germanys next Topmodel" modeln im besten Fall für C&A. In Mailand oder Paris laufen sie nicht. Gaukelt man den Teilnehmerinnen Karrieremöglichkeiten vor, die unrealistisch sind?

Weidler: Man kann es sehr wohl international schaffen. Verglichen mit herkömmlichen Models hat die Gewinnerin der Sendung einen irren medialen Vorsprung. Sie bekommt einen Modelvertrag in meiner Agentur und ich werde mich um ihre Karriere kümmern.

STANDARD: Trotzdem: Warum ist es so schwierig für die Kandidatinnen international zu reüssieren?

Weidler: Lena Gercke (gewann "Germany's Next Topmodel", moderiert nun die Austro-Version) arbeitet sehr gut in Deutschland. Sie ist natürlich in erster Linie dem deutschen Publikum bekannt und hat wenig Zeit gehabt irgendwo anders hinzugehen. Aber ihre Karriere zeigt, dass einem als Model viele Wege offenstehen. Meines Wissens arbeiten übrigens auch die Mädchen von "America's next Topmodel" sehr gut. Aber keine Frage: Ein Model aufzubauen, dauert. Das ist ein Beruf, den man lernen muss.

STANDARD: Die Sendung wurde immer wieder für die Körperbilder, die gefordert werden, kritisiert.

Weidler: Modeln ist ein Beruf, der gewisse Voraussetzungen hat. Zu 50 Prozent ist das ein bestimmter Körperbau. Die Frage, die man sich bei einem potentiellen Model zuerst stellt, ist: Kann das Mädchen mit Ehrgeiz, gesundem Essen und ordentlichen Training eine maximale Hüftweite von 90 erreichen ohne zu hungern. Wenn sie das nicht kann, wird sie es im Modelberuf nicht weit schaffen.

STANDARD: Die Sendung ist daran beteiligt, dass sich an diesen normierenden Schönheitsidealen nichts ändert.

Weidler: Gerade das Publikum will Models, die wie Models aussehen. Es kann auch nicht jeder Skispringer werden. Übrigens denke ich, dass es bei diesem Sport größere Gefahren gibt, magersüchtig zu werden, als im Modelbusiness.

STANDARD: Das wirkliche Topmodel Tatjana Patitz findet Heidi Klums Sendung "degradierend", weil sich die Kandidatinnen bestimmten Ausnahmesituationen stellen müssen. Übertreibt man mit den Aufgaben an die Kandidatinnen?

Weidler: Mich wundert, dass diese Kritik von der Patitz kommt. Sie weiß, wie hart das Geschäft ist. Die Kritik ist in Ansätzen berechtigt. Aber die Mädchen wollen in kurzer Zeit sehr viel erreichen. Also werden sie gefordert. Das deckt sich mit den Anforderungen, die sie in Zukunft haben werden: A la longue braucht es in dem Business sehr gute Nerven.

STANDARD: Geht es nicht schlichtweg um den Unterhaltungswert der Sendung?

Weidler: Nein, der Unterhaltungswert besteht darin, was rundum passiert, wenn die Mädchen die Ellbogen und Krallen ausfahren. Aber auch das ist im richtigen Modelleben genauso.

STANDARD: Die Gewinnerin von "Austria's next Topmodel" kann hernach bei „Germany's next Topmodel" mitmachen. Das klingt nach einem Eingeständnis der Bedeutungslosigkeit der östereichischen Sendung.

Weidler: Keine Sekunde. Die Gewinnerin kann ablehnen. Aber sie wäre blöd, wenn sie das machen würde. Es würde ihr die riesige deutsche PR-Machinerie entgehen. Ein Model lebt ja davon sich zu verkaufen. (Stephan Hilpold/DER STANDARD; Printausgabe, 5.1/6.1.2009; Langfassung)