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Zerstörtes Wohnhaus in Rafah im Gazastreifen

Foto: Reuters/Baz Ratner

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Zerstörter Kindergarten in Ashdod außerhalb des Gazastreifens

Foto: Getty

Gaza - Zum ersten Mal seit Beginn der israelischen Bodenoffensive haben sich israelische Soldaten und Kämpfer der Hamas am Montagabend schwere Kämpfe in der Stadt Gaza geliefert. Schwere Explosionen und heftige Feuergefechte hätten den Stadtteil Schedschaija erschüttert, gaben palästinensische Augenzeugen und israelische Militärkreise übereinstimmend an.

Wie Augenzeugen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP berichteten, seien die israelischen Soldaten von Kämpfern der radikalislamischen Hamas und des Islamischen Jihad angegriffen worden. Am Nachthimmel über Gaza waren Kampfhubschrauber zu sehen. Israel hatte die Bodenoffensive am Samstagabend nach einwöchigen Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen begonnen.

Kein Ende der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen

Der israelischen Armee ist es auch mit ihrer Bodenoffensive bisher nicht gelungen, die radikalen palästinensischen Kämpfer im Gazastreifen am Abfeuern von Raketen nach Südisrael zu hindern. Nach Angaben der "Jerusalem Post" schlug Montag Nachmittag eine Grad-Rakete in einen leeren Kindergarten in Ashdod ein.

Verletzt wurde niemand, es entstand aber massiver Sachschaden. 19 Personen mussten wegen Schocks behandelt werden. Insgesamt wurden Montag Nachmittag neun Menschen durch den Einschlag zweier Grad-Raketen in Ashkelon leicht verletzt. Zudem gingen weitere Geschoße bei Beersheva und Ashdod nieder.

"Terrorverdächtige" festgenommen

Die israelische Armee nahm unterdessen im Zuge ihrer Offensive im Gazastreifen einige Dutzend "Terrorverdächtige" fest, wie die Internetzeitung "Ynet" schrieb. Einige von ihnen wurden zur Einvernahme nach Israel gebracht.

Über die genauen Verluste der israelischen Armee lagen keine Angaben vor. Ein Militärsprecher teilte lediglich mit, Montag Nachmittag seien sieben Soldaten verletzt worden. Nicht bekannt ist, wie viele Tote es aufseiten der israelischen Armee gab.

Auch nach den Worten von Verteidigungsminister Ehud Barak sei der Offensive das Ziel noch nicht erreicht. "Die Hamas hat einen sehr harten Schlag durch uns erlitten, aber wir müssen unser Ziel noch erreichen und deshalb geht die Operation weiter", sagte Barak am Montag im israelischen Rundfunk. Das vorrangige Ziel sei es, die Sicherheitslage für die israelische Bevölkerung im Süden zu verbessern.

Angriffe zu Boden und aus der Luft

Israelische Truppen haben ihre Bodenoffensive im Gazastreifen auch in der Nacht zum Montag fortgesetzt. Palästinenser berichteten von Gefechten am frühen Morgen im östlichen Teil des Autonomiegebiets nahe der israelischen Grenze. Hamas-Kämpfer schossen mit Mörsergranaten auf heranrückende israelische Panzer. Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht auf Montag nach eigenen Angaben 130 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Die Angriffe richteten sich vor allem gegen eine als Waffenlager genutzte Moschee in Jabaliya sowie gegen Waffenverstecke in Wohnhäusern und Fahrzeuge, die für den Transport von Raketenwerfern genutzt wurden, sagte eine Armeesprecherin. Auch die Bodentruppen hätten mit Unterstützung aus der Luft ihren Vormarsch fortgesetzt. Laut eines Berichts des Londoner Guardian gingen israelische Truppen in Gaza-Stadt von Haus zu Haus und suchten nach Militanten.

In heftigen Gefechten mit der radikal-islamischen Hamas hat die israelische Armee den Gazastreifen am Wochenende in zwei Teile aufgespalten. Beim Vormarsch der Soldaten in das Palästinensergebiet wurden nach Angaben von Krankenhausmitarbeitern mindestens 37 Palästinenser getötet, die meisten Zivilisten. Die Truppen umzingelten in ihrer Bodenoffensive am Sonntag zudem Gaza-Stadt. Der israelischen Armee zufolge wurden seit dem Einmarsch am Samstagabend ein Soldat getötet und 32 verletzt.

Mossad warnt

Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad, Amos Yadlin, hat vor einem Angriff der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah an der Grenze zu Israel gewarnt. Der Armeerundfunk zitierte den Mossad-Chef am Montag mit den Worten, die proiranische Hisbollah könne im Norden Israels eine "zweite Front" eröffnen.

Hamas nach Kairo

Die Hamas plant nach eigenen Angaben erstmals seit Beginn der israelischen Offensive im Gazastreifen diplomatische Gespräche in Ägypten. Eine Delegation werde am Montag auf Einladung Ägyptens nach Kairo reisen, sagte ein Hamas-Sprecher.

Am Freitag hatte ein führender Palästinenser erklärt, Ägypten habe Kontakt mit der Hamas aufgenommen, um eine Waffenruhe zu erreichen.

Peres gegen Waffenruhe

Der israelische Staatspräsident Shimon Peres verteidigte hingegen die Offensive seiner Armee als notwendigen Einsatz gegen die Hamas. Wenn jemand den Terror auf andere Weise stoppen könne, werde die Regierung dieser Strategie zustimmen, sagte Peres dem US-Sender ABC. Israel werde "aber nicht dem Gedanken zustimmen, dass die Hamas weiterhin (Raketen) abschießt und wir eine Waffenruhe erklären sollen". Die Regierung wolle weder den Gazastreifen erneut besetzen noch die Hamas vernichten, sagte Peres. Ziel des Einsatzes sei lediglich, "den Terror zu vernichten". Auch Israels Ministerpräsident Ehud Olmert machte seine Ablehnung eines Endes der Offensive gegenüber mehreren ausländischen Staats- und Regierungschefs deutlich, wie sein Büro erklärte. So habe er u.a. der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gesagt, dass die Militäroffensive "unvermeidbar" sei. Dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew sagte Olmert nach Angaben seines Büros, Israel könne seine Offensive erst dann beenden, wenn es seine Ziele erreicht habe.

Humanitäre Krise

Das UN-Büro zur Koordinierung humanitärer Einsätze beklagte, die seit Tagen andauernde israelische Militäroffensive im Gazastreifen spitze die humanitäre Krise in der Region weiter zu. Im Gazastreifen sei der Strom quasi komplett ausgefallen, die Krankenhäuser von Gaza seien auf Generatoren angewiesen, erklärte das UN-Büro. Auch diese Generatoren drohten zusammenzubrechen. Seit zwei Tagen verweigerten die israelischen Behörden einem Ärzteteam des IKRK den Zugang zum Gazastreifen, um das wichtigste Krankenhaus der Region, El Shiffa, zu unterstützen. Dort seien im Falle einer Generatoren-Panne die Leben von 70 Patienten in Gefahr, darunter 30 Kleinkinder, die auf der Intensivstation auf Maschinen angewiesen seien, betonte das UN-Büro.

"Einsatz unvermeidlich"

Israelische Granaten schlugen in Häuser und im Einkaufszentrum von Gaza ein. Soldaten feuerten mit Maschinengewehren auf vermutete Stellungen der Hamas, Kampfflugzeuge bombardierten das Gebiet aus der Luft. Die Hamas-Kämpfer antworteten mit Raketen und Mörsergranaten.

Ein Militärsprecher sagte, der Einsatz im Gazastreifen könne viele Tage andauern. Ministerpräsident Ehud Olmert nannte den Einsatz unvermeidlich. "Es wird nicht leicht werden. Es wird nicht schnell gehen", erklärte Verteidigungsminister Ehud Barak in einer Fernsehansprache. Das Ziel der Offensive sei es, die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen zu stoppen. Dennoch schlugen allein am Sonntag 25 Raketen in Israel ein. Dabei wurde eine Frau in Sderot verletzt. Vier Israelis kamen seit Beginn der Kämpfe am vergangenen Wochenende durch Raketenangriffe auf den Süden des Landes ums Leben.

Demonstrant erschossen

Erstmals seit Beginn der Kämpfe um den Gazastreifen erschossen israelische Soldaten auch im Westjordanland einen palästinensischen Demonstranten. Seit Beginn der israelischen Luftangriffe vor einer Woche kamen über 500 Palästinenser ums Leben, mehr als 2000 Palästinenser wurden verletzt. Im Gazastreifen leben 1,5 Millionen Menschen auf engstem Raum zusammen. Seit Tagen verschanzen sie sich in ihren Häusern. Hilfsorganisationen warnen, dass Trinkwasser, Lebensmittel und Medikamente knapp werden. (Reuters/APA/red)