"Die Apokalyptiker widerlegen" formuliert Trendforscher Matthias Horx als ein Anliegen im Vorwort des Trendreport '09. Das Team identifiziert darin auch die Weiterbildung als eine der "Boom-Branchen".

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Das "ständige So-tun-als-ob" funktioniere nicht mehr, schreibt Trendforscher Matthias Horx und bezieht sich dabei auf den altgriechischen Wortstamm der "Krise" (krinein=trennen, unterscheiden). Krisen seien Entscheidungssituationen. Zumindest die gegenwärtige Hinterfragungs-Intensität gibt ihm recht: Haben wir in vielerlei Hinsicht die Weichen falsch gestellt? Wie können wir korrigieren? Was ist uns wirklich wichtig, was gibt uns Sicherheit?

Ökonomische Krisen, so der aktuelle Trendreport des Horx'schen Zukunftsinstitutes, selektieren die Erfolgsmodelle: einerseits Marktbereinigungen inklusive Massenentlassungen, andererseits die Gewinner von morgen mit ihrer besonders hohen Innovationsfähigkeit. Jetzt zeige sich, was ein Unternehmen wirklich sei, weil ein zentrales "Produktionsmittel", nämlich die Firmenkultur, in den Vordergrund rücke. Verlogen oder authentisch? Passiv gehorchen oder engagiert arbeiten - jetzt sehen die Trendforscher rund um Horx die Stunde der Wahrheit.

Bildung boomt

Als kommende Boombranchen identifiziert das Zukunftsinstitut etwa die Bildung: "In Krisenzeiten entkoppeln sich viele Menschen von der direkten Erwerbsarbeit und nutzen die Zeit zur Weiterbildung", heißt es im Kapitel "Soft-Kapitalismus". Gleichzeitig würden viele Individuen, aber auch Unternehmen ihre „Fehlbildungen" entdecken und nach weniger Austauschbarkeit streben.

Gemeinsam mit den Ergebnissen anderer Studien, etwa von Kienbaum - wonach zwei Drittel der befragten Unternehmen im deutschsprachigen Raum mehr Gewicht auf die Weiterbildung legen wollen plus den erwarteten Anstieg im Ausnutzen der Möglichkeiten der Bildungskarenz - sind das gute Nachrichten für die Anbieter.

Weniger gute hat Horx etwa für die großen Berater, deren Etats er eher in Richtung "Micro-Consultants" - also auch Ein-Personen-Unternehmen - wandern sieht.
Positive Absatzkurven wiederum sehen die Zukunftsforscher für jene Bereiche der Gesundheit, die ein wenig Verwöhnung in der "bedrohlichen" Welt versprechen, die Entspannungstechniken und Hilfe gegen Stress anbieten.

Grundbedürfnisse der Seele

Überhaupt habe sich als "krisenfest" erwiesen, was mit Grundbedürfnissen der Seele zu tun habe - Philosophie, Meditation, Gärtnern, Wandern. Kleine Verwöhnungen hätten ebenso Hochkonjunktur in Krisenzeiten - dazu zählen etwa die Produkte der Süßwarenindustrie. Und: Die Welt werde in der Rezession grüner, nicht wie befürchtet, schmutziger: "Die Ökologie ist ein symbolischer Sinnstifter par excellence." Im Niedergang alter Gewissheiten werde immer nach Zukunftssinn gesucht. (Karin Bauer/DER STANDARD; Printausgabe, 3.1/4.1.2009)