Über 50.000 Menschen waren es in Ägypten, aber auch in anderen arabischen und muslimischen Ländern gingen wütende Menschen auf die Straße, um gegen die israelischen Angriffe zu demonstrieren: vor allem dort, wo palästinensische Flüchtlinge in großer Zahl leben wie in Jordanien, im Libanon und in Syrien, aber auch im Irak, im Iran und im Jemen. Sie machen keinen Unterschied zwischen „guten" (Fatah) und „bösen" (Hamas) Palästinensern wie manche ihrer Regierungen im Einklang mit deren westlichen Verbündeten. Als „Massaker" oder „Genozid" bezeichnen die Zeitungen die Operationen.

Demonstrationen zur Unterstützung der unterdrückten Palästinenser sind den arabischen Ländern praktisch das einzig tolerierte Ventil, das es den Menschen erlaubt, ihren Unmut ausdrücken.

In der oberägyptischen Stadt Minya forderten die Demonstranten „eine arabische Armee", die den Palästinensern zu Hilfe kommen soll, und nicht nur verbale Verurteilungen. Tatsächlich haben die arabischen Staaten wenig konkrete Reaktionsmöglichkeiten, um Druck auf Israel auszuüben. Waffengewalt und auch die Ölwaffe, die Anfang der 1970er-Jahre eingesetzt wurde, stehen längst außer Diskussion.

Ägypten und Jordanien, die einzigen Nachbarn mit Friedensverträgen, könnten ihre Botschafter zurückziehen. Bis jetzt hat Kairo nur den israelischen Botschafter einbestellt. In Amman haben 88 der 110 Abgeordneten von der Regierung verlangt, die Verträge mit Israel zu überprüfen, im Parlament wurde die israelische Fahne verbrannt. Syrien hat die indirekten Friedensverhandlungen mit Israel ausgesetzt - und auch der Vermittler Türkei, der Israel besonders hart kritisiert, hat angekündigt, sich zurückziehen zu wollen.
Versagt haben die arabischen Staaten beim innerpalästinensischen Ausgleich zwischen Fatah und Hamas, dem einzigen Gebiet, auf dem sie etwas ausrichten könnten. Die Vermittlungsbemühungen von Saudi-Arabien, Syrien, Katar und Ägypten sind vermutlich dar_an gescheitert, dass den tatsächlichen politischen Verhältnissen in den Palästinensergebieten nicht Rechnung getragen wurde. Die Hamas wurde lange ausgegrenzt - mit dem Resultat, dass der iranische Einfluss auf die islamistische Widerstandsorganisation stieg.

Im Libanon meldete sich Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah zu Wort: Er kritisierte Ägypten für die Blockade der Gaza-Grenze und rief die Palästinenser zu einer neuen Intifada auf. Die Arabische Liga plant nun für am 2. Jänner in Katar einen Gipfel. (Astrid Frefel, DER STANDARD, Printausgabe, 30.12.2008)