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"Sie müssen spüren, was wir spüren": Palästinensische Häftlinge flüchten aus der bombardierten Polizeizentrale und dem Gefängnis Saraya in Gaza-Stadt.

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Der UN-Sicherheitsrat kam am Sonntag zusammen.

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Nach palästinensischen Angaben wurden insgesamt bereits mehr als 300 Menschen getötet.

Reuters

Der Weltsicherheitsrat in New York hat nach einer vierstündigen Dringlichkeitssitzung den sofortigen Stopp aller Militäraktionen im Gazastreifen gefordert. In einer gemeinsamen Erklärung äußerte das Weltgremium am frühen Sonntagmorgen seine "ernsthafte Besorgnis über die Eskalation der Lage in Gaza". Auf eine ausdrückliche Verurteilung der israelischen Luftangriffe konnte sich der Rat jedoch nicht einigen. Bei der Militäraktion sind seit Samstag an die 300 Menschen ums Leben gekommen.

Die Sitzung war von Libyen beantragt worden, dem einzigen arabischen Mitglied des 15 Länder umfassenden Gremiums. Der amtierende Ratspräsident Neven Jurica (Kroatien) verlas den Text vor Journalisten. Eine solche Presseerklärung ist nach Resolutionen und sogenannten Präsidentenerklärungen das schwächste Ausdrucksmittel des mit dem Frieden in aller Welt betrauten UN-Gremiums. Russlands UN-Botschafter Vitali Tschurkin sagte nach der Sitzung: "Wir hoffen und erwarten, dass unsere bescheidene Erklärung Einfluss haben wird."

Rechnung tragen

Der palästinensische UN-Botschafter Riyad Mansour kündigte an, dass die arabischen Länder "erneut an die Tür des Sicherheitsrates klopfen werden", wenn Israel seine Luftangriffe nicht innerhalb von 24 bis 48 Stunden einstelle. Der Rat hatte in seiner Erklärung auch verlangt, "den dringenden humanitären und wirtschaftlichen Bedürfnissen im Gazastreifen" Rechnung zu tragen. Dazu sollten unter anderem die Grenzübergänge geöffnet werden, damit die palästinensische Bevölkerung mit Nahrung, Treibstoff und Medizin versorgt werden könne.

Der amerikanische UN-Botschafter Zalmay Khalilzad sagte nach der Sitzung in New York: "Wir wollen ein Ende der Gewalt." Allerdings dürfe nicht vergessen werden, dass die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen den Luftangriffen Israels vorausgegangen seien. "Israel hat zweifellos das Recht auf Selbstverteidigung", sagte Khalilzad.

Zuvor hatte Israel sein Vorgehen in einem Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und den Sicherheitsrat verteidigt. Die israelische UN-Botschafterin Gabriela Shalev argumentierte, Israel unternehme die Militäraktionen nur, um seine Zivilbevölkerung vor fortgesetzten Terrorangriffen aus dem Gazastreifen zu schützen. Die radikalislamische Hamas trage die alleinige Verantwortung für das Geschehen.

Reservisten einberufen

Als Reaktion auf den Raketenbeschuss radikaler Palästinenser hat Israel am Wochenende die größte Militäroffensive gegen den Gazastreifen seit dem Sechstagekrieg 1967 gestartet. Allein in den ersten 24 Stunden starben bis zum Sonntag bis zu 300 Menschen, mehr als bei jedem anderen Angriff im Konflikt mit den Palästinensern seit Gründung des jüdischen Staates vor 60 Jahren. Am Sonntag, dem zweiten Tag der Operation, wurde israelischen Angaben zufolge der wichtigste Sicherheitskomplex der Hamas zerstört. Im südisraelischen Grenzgebiet zu dem 2005 an die Palästinenser zurückgegebenen Küstenstreifen wurden zudem Panzer und Soldaten für eine Bodenoffensive zusammengezogen. Das Kabinett beschloss ferner die Einberufung von 6500 Reservisten.

Israelischen Armeekreisen zufolge griffen 64 Kampfflugzeuge gleichzeitig mehr als 50 Einrichtungen der Hamas an und warfen allein in den ersten neun Stunden der Offensive mehr als 100 Tonnen Bomben ab. Nach den israelischen Luftangriffen hätten dutzende Palästinenser versucht, nördlich des Grenzübergangs von Rafah die Grenze zu überqueren, sagte ein Vertreter der ägyptischen Sicherheitskräfte. Sie wurden jedoch von der ägyptischen Polizei mit Warnschüssen am illegalen Grenzübertritt gehindert. Bei dem Beschuss von etwa 40 illegalen Versorgungstunneln zwischen dem Gazastreifen und Ägypten starben nach Angaben von Augenzeugen zwei Palästinenser.

Zahlreiche von der Hamas genutzte Gebäude und Trainingsgebiete wurden zerstört. Auch mehrere führende Hamas-Mitglieder, darunter der Polizeichef und der Hamas-Sicherheitschef, wurden getötet. "Es gibt Zeiten der Ruhe und Zeiten des Kampfes - jetzt ist die Zeit zum Kämpfen gekommen", sagte Premier Olmert. (dpa, Reuters, DER STANDARD, Printausgabe, 29.12.2008)