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K.o.-Kick in die Warteschleife: Immer mehr Unis führen Hürden zur Kanalisierung des Studierenden-Andrangs ein

foto: apa/epa/fife

Die Verpackung ist unterschiedlich, der Inhalt gleich: Egal, ob es Knockout-Prüfung, Eingangsprüfung oder Eingangsphase heißt - immer mehr Unis ziehen auf dem Weg zum ersehnten Studienabschluss Hürden ein, um den Andrang der Studierenden zu kanalisieren. Die ÖH sieht den freien Hochschulzugang gefährdet. Rektoren überlaufener Unis und Ministerin Gehrer verteidigen die "Eingangsphasen".

Seit letzter Woche ist es fix: Auch an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien wird es ab kommendem Wintersemester Eingangsprüfungen geben. Nach zwei Anläufen kam es nun in allen Studienkommissionen zu einem "klassischen Kompromiss", so Rektor Christoph Badelt. Zwei Fachprüfungen sowie weitere vier Einzelprüfungen muss man im ersten Semester absolvieren, um ins zweite Semester aufsteigen zu können.

Doch wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass Eingangsprüfungen auch an der WU angedacht wurden? Chronologie einer Aufregung: Am Abend des WU-Balls Anfang Jänner kam es zu einer überraschenden und medienwirksamen Anklage gegen die Universitätsleitung. Werner Weingraber, Chef der ÖH-WU, gab dem "Alles Walzer" in seiner Eröffnungsrede einen unerwarteten Touch. Ohne Mitwissen der Studentenvertretung seien "Knockout-Prüfungen" geplant worden, ließ er das Publikum wissen. Das lasse man sich nicht gefallen.

Die "Knockout-Prüfungen" wurden daraufhin zum geflügelten Wort, das in den folgenden Wochen den Bildungsbereich polarisieren sollte. Sowohl Badelt als auch Studiendekan Karl Sandner lehnen die Bezeichnung "Knockout-Prüfungen" ab. Für beide sind es "Eingangsprüfungen, durch die lediglich die Qualifikation überprüft wird. Das ist kein Rausprüfen", sagt Badelt.

Hingegen bekräftigt Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (VP) im Interview mit dem STANDARD, dass "es keine Eingangsprüfungen gibt, sondern nur Eingangsphasen".

Der Zauberlehrling

Die ÖH-WU startete eine Kampagne gegen die Einführung von "Knockout-Prüfungen" und erreichte mit diesem Thema seltene Einigkeit aller Fraktionen. Der Verein sozialistischer Studenten und Studentinnen Österreichs (VSStÖ) bezeichnete diese als "Verzweiflungstat der WU, als Symptom für verfehlte Bildungspolitik". "Stumpfsinniges Selektionsmanagement vonseiten des Rektors", hieß es von der Grünen Alternativen Studentenfraktion.

Die Aktionsgemeinschaft machte die gestiegene Studentenzahl als Reaktion auf das erweiterte Studienangebot geltend: "Rektor Badelt ist wie der Zauberlehrling, der nun die gerufenen Geister nicht mehr loswird." Die Bundesvertretung der ÖH sah den "endgültigen Todesstoß für den freien Hochschulzugang".

Rektor Badelt hingegen versteht die "völlig unverständliche Aufregung" nicht, die den von ihm verteidigten Plänen entgegengebracht wird: "Wir wollen nur die hohe Dropout-Rate von über 50 Prozent möglichst nach vorne verlegen", sagt er zum STANDARD. Sandner bekräftigt die Haltung des Rektors: "Wir glauben, es ist besser, am Anfang die Sache klar zu machen."

Die Umstellung auf neue Studienpläne, eine Erweiterung des Studienangebots und der ungebrochene Boom von Wirtschaftsstudien haben der WU Wien im vergangenen Wintersemester eine unerwartet hohe Steigerung an Erstsemestrigen um 27,3 Prozent (auf 3280) beschert - ein Ansturm, auf den man nicht vorbereitet war, wie Sandner zugibt: "Die vielen Neuzugänge waren jenseits aller Kapazität." Als Notlösung wurde anfangs in Kinosälen unterrichtet, geprüft wird noch immer in Stadthalle, Gasometer und Messehalle, um einen "normalen" Studienbetrieb aufrechterhalten zu können. Auch für das nächste Studienjahr erwarte die WU wieder sehr viele Neuanfänger, rechtfertigt WU-Dekan Sandner Eingangsprüfungen: "Wenn ich jetzt nichts unternehme, handle ich grob fahrlässig."

Beschränkter Unialltag

Die Quasi-Monopolstellung, die der Wirtschaftsuniversität durch die K.o-Prüfungsdebatte in den Medien zukam, hat aber übersehen lassen, dass ähnliche Maßnahmen auf anderen Universitäten schon lange zum Alltag gehören. An der medizinischen Fakultät der Uni Wien, die zu einer eigenständigen "Medizinuni" wird, sind Zulassungsprüfungen durchaus gängig. Im alten Studienplan mussten diese im ersten Abschnitt für vier wichtige Praktika bestanden werden. Dennoch konnte dieses System die Massen der Studierenden nicht bewältigen. (UNI-STANDARD, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.3.2003)