Belgrad - Die serbische Sonderstaatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen hat erneut schwere Vorwürfe gegen den früheren kosovarischen Premier Ramush Haradinaj erhoben und ihn mit dem mutmaßlichen Organhandel im Jahr 1999 in Verbindung gebracht. "Es gibt einen begründeten Verdacht, dass Haradinaj sehr viel darüber gewusst hatte", wurde Bruno Vekaric, ein Sprecher der Sonderstaatsanwaltschaft, am Montag von Belgrader Medien zitiert.

Vekaric wies gleichzeitig Spekulationen zurück, wonach auch der frühere und der amtierende Ministerpräsident des Kosovo, Agim Ceku und Hashim Thaci, mit dem Organ-Handel von im Kosovo gekidnappten Serben in Verbindung gebracht worden seien. Nach seinen Worten würde die serbische Justiz bereits "genügend Beweise für eine seriöse Ermittlung" über den Organhandel besitzen. "Entweder wir oder eine internationale Organisation werden dies aufklären", meinte Vekaric.

Serben verschleppt

Den Anlass für die Ermittlungen der serbischen Justiz liefert ein Buch der früheren Chefanklägerin des Haager UNO-Kriegsverbrechertribunals, Carla del Ponte. In dem auf Italienisch erschienenen Buch "La Caccia" ("Die Jagd. Ich und die Kriegsverbrecher") hatte die Schweizer Juristin berichtet, dass sich die Tribunalsanklage auch mit dem angeblichen Handel von Organen serbischer Zivilisten in Albanien befasst habe. Demnach seien 300 Serben durch Mitglieder der Kosovo-Befreiungsarmee (UCK) nach Nord-Albanien im Jahr 1999 verschleppt worden. Dort hätten UCK-Mitglieder den Gefangenen Organe entnommen und sie anschließend ermordet. Wegen Mangels an Beweisen waren allerdings nie Ermittlungen eingeleitet worden.

Haradinaj war während des Kosovo-Krieges (1998-99) UCK-Kommandant in der Region des Westkosovo an der Grenze zu Albanien. Vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) war der ehemalige kosovarische Premier im Frühjahr vom Vorwurf der Kriegsverbrechen im Sommer 1998 freigesprochen worden.

Die albanische Staatsanwaltschaft hatte Ende Oktober nach einem Besuch des serbischen Sonderstaatsanwaltes Vladimir Vukcevic in Tirana eventuelle Ermittlungen in Albanien über den Organhandel ausgeschlossen. (APA)