London/Wien - Vor zwei Jahren lebte Sitiwe noch in Großbritannien. Und hatte keine Probleme, ihren Alltag völlig normal zu gestalten. Denn die HIV-positive Frau aus Simbabwe bekam regelmäßig Medikamente, auf die Therapie sprach sie gut an. Im vergangenen Jahr änderte sich die Situation dramatisch, berichtet der Guardian: Sie wurde in ihr Heimatland abgeschoben. Wo die Versorgung mit den lebenswichtigen Medikamenten äußerst schwierig ist.

"Ich habe eine Klinik gefunden, die mich mit den Medikamenten versorgen kann", schildert sie in der Zeitung. "Aber manchmal geben sie mir nicht alle Kombinationspräparate. Manchmal muss ich ohne sie auskommen. Das ist wirklich unheimlich, man weiß nicht, ob man es schaffen wird oder nicht."

Dass Menschen, bei denen die Infektion erst in Großbritannien diagnostiziert wird, abgeschoben werden, ist kein Einzelfall. Die Interessenvertretung "African HIV Policy Network" listet auf ihrer Homepage weitere Fälle auf. Wie den von Ratidzai. Die Frau kam im Jahr 2002 in das britische Königreich, und die Krankheit wurde dort entdeckt. Sie blieb im Land, ehe sie im Frühjahr 2007 zurück nach Simbabwe deportiert wurde. Ihre Familie gehört nach ihren Angaben der politischen Opposition an. Die Folge: Sie bekommt keinen Regierungsausweis, mit dem sie im Spital der Hauptstadt Harare die Medikamente bekommen würde.

Kritik an Abschiebepraxis

Anschuldigungen, die Betroffenen würden nur nach Großbritannien kommen, um behandelt zu werden, seien völlig falsch, stellt der Labour-Abgeordnete Neil Gerrad, der einen Parlamentsausschuss zum Flüchtlingsthema leitet, im Guardian klar. Dafür kritisiert er die gängige Abschiebepraxis: "In ein Land abgeschoben zu werden, wo man keine adäquate Versorgung erhält, kommt einer Todesstrafe gleich."

Gleichzeitig ist Gerrad aber auch überzeugt, dass kurz- bis mittelfristig das Problem verschwinden würde und Abschiebungen möglich würden. "Wir haben solide Fortschritte dabei gemacht, Medikamente in Staaten der Subsahara verfügbar zu machen." Großbritannien macht sich unter den G8-Staaten in diesem Bereich für die ärmsten Länder der Welt stark.

Rund 26 Millionen Menschen waren im südlichen Afrika im Jahr 2005 mit dem HI-Virus infiziert, was mehr als sieben Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 49 entspricht. In Österreich ist die Krankheit laut den aktuellen Zahlen des Gesundheitsministeriums deutlich weniger verbreitet. 2658 Infizierte wurden seit dem Jahr 1983 registriert, was 0,06 Prozent der Bevölkerung sind. An Aids gestorben sind 1479 Patienten. Die meisten Erkrankten leben in Wien, gefolgt von Oberösterreich und der Steiermark. (moe, APA/DER STANDARD-Printausgabe, 2.12.2008)