Istanbul - Die türkische Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen deutschen Professor, weil dieser bei einem Vortrag im EU-Parlament den türkischen Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk "beleidigt" haben soll. Er sei von dem Ermittlungsverfahren nicht überrascht, sagte Ronald Mönch am Montag der Nachrichtenagentur AFP. Für ihn habe das Verfahren keine praktischen Konsequenzen, da er ohnehin nicht die Absicht habe, in die Türkei zu reisen.

Der Jurist Mönch, ehemaliger Rektor der Hochschule Bremen, hatte Mitte November bei einer Konferenz im EU-Parlament in Brüssel über einen Kurdenaufstand in Ostanatolien im Jahr 1937 gesprochen, der von den türkischen Behörden gewaltsam niedergeschlagen wurde. In diesem Zusammenhang sagte Mönch, nach heutigen Maßstäben hätte Atatürk als türkischer Staatschef wegen der Gewaltanwendung gegen Zivilisten vor Gericht gestellt werden müssen. Die Staatsanwaltschaft in Ankara sieht darin eine mutmaßliche Beleidigung des türkischen Staatsgründers, wie türkische Zeitungen berichteten.

"Oh Gott, oh Gott"

Es sei eine Frage der intellektuellen Redlichkeit, "die Dinge beim Namen zu nennen", sagte Mönch zu seinen Äußerungen. Wie Deutschland, das seine eigene dunkle Vergangenheit aufgearbeitet habe, könnte auch die Türkei aus einer solchen "Verarbeitung Stärke ziehen". Wenn aber die Türkei wegen der Äußerung eines deutschen Professors über Atatürk erbebe, dann: "Oh Gott, oh Gott", sagte der Wissenschaftler. (APA)