Wanzen-Jäger: Abwehr-Experten trainieren, wie man versteckte Mikrofone findet.

Foto: Bundesheer

Wer noch ein GSM-Handy der allerersten Generation hat, für den haben die Abhörspezialisten des Bundesheeres einen guten Tipp: "Schauen Sie, ob Sie noch einen Reserveakku bekommen, und verwenden Sie das Gerät so lange wie möglich - dann sind Sie weitgehend abhörsicher."

Drei Minuten reichen

Modernere Geräte aber sind für die Experten keine große Herausforderung: Drei Minuten, in denen das Telefon unbeobachtet herumliegt, reichen aus, um eine Software aufzuspielen, die jedes Gespräch unbemerkt an einen Lauscher weiterleitet. Das ist zwar streng illegal - aber gerade im geschäftlichen Bereich ist es ziemlich gängig. Eine weitere Hintertür, die die meisten Benutzer sperrangelweit offenstehen lassen, ist die Bluetooth-Funktion, die nicht nur für Freisprecheinrichtungen, sondern auch zur Fernsteuerung durch einen Angreifer genutzt werden kann - nützlich etwa für das Ausspionieren von Telefonbüchern und Anruflisten.

Sicherheitslücken werden größer

Dass die Spezialisten des geheimsten Geheimdienstes relativ offen über das sprechen, was ihr Agentenalltag ist, geht auf die Initiative des vor einem Jahr bestellten Abwehrchefs Wolfgang Schneider zurück: Der Brigadier weiß, dass die Sicherheitslücken durch Handys, Trojaner in Computernetzwerken, aber auch durch klassische Lauschangriffe mit Wanzen und versteckten Kameras immer größer werden - und dass die gefährdeten Personen kein Risikobewusstsein entwickelt haben.

Wanze in der Steckdose

Etwa jener Wirtschaftstreuhänder, in dessen Kanzlei ein illegales Funkgerät gepeilt wurde. Als die Abwehroffiziere Nachschau hielten, fanden sie eine Wanze, die in einer unscheinbaren Tischsteckdose versteckt war. Dabei habe er doch gar keine Geheimnisse, meinte das Opfer des Lauschangriffs - und erst dann dämmerte ihm, dass es nicht um seine Geheimnisse, sondern um die seiner Klienten gegangen sein dürfte.

Voice-Recorder im Kugelschreiber

Dabei war der in der Steckdose verborgene Sender noch recht primitiv und leicht zu entdecken. In ihrem neuen Ausbildungszentrum für IKT-Sicherheit haben die Sicherheitsforscher eine ganze Sammlung von Lauschgeräten zusammengetragen: Sie reicht von handelsüblichen Voice-Recordern, die in einem Kugelschreiber versteckt sind und sieben Stunden lang aufzeichnen, was im jeweiligen Raum gesprochen wird (ab 17,45 Euro im Internet), bis zu in einem Jackenknopf verborgenen Kameras, die das Bild zeitgleich zu einem hunderte Meter entfernten Empfänger senden können.

Glasfasermikrofone und Abhöranlagen in der Wand

Dann gibt es da noch Glasfasermikrofone, die mit herkömmlichen Detektoren nicht gefunden werden können - und Abhöranlagen, die fix in der Wand eingebaut sind und alle Gespräche im Raum aufzeichnen - das Radio aufzudrehen hilft nicht, "das kann man längst ausfiltern", sagen die Experten. Abhörsicher ist nur, wer die entsprechenden Wände mit einem sogenannten "weißen Rauschen" beschallt. Was allerdings auch im Raum selbst unangenehm klingt.

Eine Stunde pro Quadratmeter

Um einen Raum abhörsicher zu machen, rechnet man eine Stunde Arbeitszeit je Quadratmeter. Und um die Expertise dafür zu erlangen, bedarf es eines viersemestrigen Fachhochschul-Ausbildungsgangs. Dieser kostet 15.000 Euro pro Teilnehmer und Jahr, er umfasst Kryptologie ebenso wie Mobile Device Technology und Kriminologie. Damit wissen die Geheimdienstler, wie man sich gegen Abhören schützt. Und sie können es auch aktiv. Wie viel sie da machen, sagen sie nicht. Nur: "Die Kontrolle der Dienste ist in keinem Land so gut gewährleistet wie bei uns." (Conrad Seidl/ DER STANDARD, Printausgabe 29. November 2008)